Das Barometer quantifiziert das Wirtschaftswachstum in dem Quartal, für das jeweils noch keine offiziellen Daten vorliegen und wird monatlich aktualisiert. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht eine vorläufige Wachstumsrate rund sechs Wochen nach Ablauf eines Quartals. Ziel ist die Vorhersage des endgültigen Quartalsergebnisses – nicht die ersten Schätzungen. „Das ist ein bedeutender Unterschied, da es in Deutschland eine Tendenz zu Aufwärtsrevisionen gibt“, sagt Julian Callow, Europa-Chefvolkswirt von Barclays Capital, der den Indikator mit seinem Team entwickelt hat.
Der neue Indikator löst den Handelsblatt-Frühindikator ab, der das etwas weniger ambitionierte Ziel hatte, Wendepunkte frühzeitig zu erkennen. Die konkrete Prognose bezog sich nicht auf ein einzelnes Quartal, sondern auf einen gleitenden Durchschnitt über vier Quartale mittels der so genannten gleitenden Jahresrate.
Ähnlich wie der bisherige Handelsblatt-Indikator, beruht das Grundprinzip des Handelsblatt-Barclays-Indikators darauf, aus bestimmten Einzelindikatoren, die früher verfügbar sind als das Bruttoinlandsprodukt, einen Indikator für die gesamtwirtschaftliche Produktion zu erstellen. Für das Wagnis, aus Indikatoren modelgetrieben eine konkrete vierteljährliche Wachstumszahl abzuleiten, ist viel Detailarbeit nötig. Damit der Indikator nicht wetter- und kalenderbedingt von Monat zu Monat die Richtung wechselt, haben die Ökonomen von Barclays Capital umfangreiche statistische Berechnungen durchgeführt, um den Einfluss von Kalendereffekten und Wettereffekten zu quantifizieren. In den Indikator fließen dann nur diejenigen Effekte ein, die sich nicht typischerweise im Laufe eines Quartals ausgleichen.
Barclays-Experte Nick Matthews erläutert, dass die Wachstumsabschwächung in Deutschland vor allem auf den Brückentag vor dem ersten Mai zurückgehe, der zu dem Einbruch der Industrieproduktion im April um 2,3 Prozent beigetragen habe. Auch wenn im Mai mit einem kräftigen Produktionszuwachs zu rechnen sei, werde die Industrieproduktion im Gesamtquartal wohl mit etwa 0,3 Prozent gegenüber den 1,8 Prozent im ersten Vierteljahr deutlich abfallen. Auch bei den Unternehmensinvestitionen deutet sich Barclays Capital zufolge eine gewisse Abschwächung nach der sehr kräftigen Zunahme im ersten Quartal an, während die Daten zum Einzelhandel darauf hindeuteten, dass der Einbruch beim privaten Verbrauch im ersten Quartal durch eine Zunahme um 1,5 Prozent wieder ausgeglichen werden könnte. Den Beitrag des Außenhandels zum Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal stuft Matthews als etwa neutral ein.
Das gegenwärtige Trendwachstum der deutschen Wirtschaft stuft Barclays anhand der Indikatordaten für das zweite Quartal auf etwa 0,5 Prozent pro Quartal ein, etwas niedriger als die 0,65 Prozent des Euroraums. Um diese jeweiligen Trendraten dürfte das Wachstum in den kommenden Quartalen nach Matthews Einschätzung schwanken.