- Arbeitszeiterfassung auch ohne Gesetzesänderung Pflicht
- Arbeitsgericht Emden verfügt Lohn-Nachzahlung
- Bautagebuch reicht als Beleg nicht aus
„Das EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung legt fest, dass Unternehmen ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Erfassung nutzen müssen“, erklärt Michael Stausberg, Geschäftsführer der virtic GmbH & Co. KG. Doch lässt sich schon aus der Charta der Grundrechte der EU (GrCH) in Verbindung mit dem deutschen Arbeitszeitgesetz schließen, dass eine Zeiterfassung nötig ist. „Darauf beruft sich das Arbeitsgericht Emden bei einem aktuellen Urteil. Unternehmen, die Arbeitszeiten nicht erfassen, kommen ihren Pflichten nicht nach, und das unabhängig von einer Angleichung des deutschen Arbeitszeitgesetzes.“
Doch was ist der genaue Hintergrund des Urteils aus Emden? Der Kläger war für einige Wochen als Bauhelfer tätig. Nach Ende der Beschäftigung differierten die von ihm privat aufgezeichneten Arbeitszeiten mit denen des Bautagebuches, auf dessen Grundlage die Entlohnung stattfand. Der Arbeitnehmer verklagte das Bauunternehmen auf eine Lohn-Nachzahlung und bekam Recht.
Viele Unternehmen gingen bisher davon aus, dass das EuGH-Urteil erst nach einer Anpassung des deutsches Arbeitszeitgesetzes seine Wirkung auf die betriebliche Praxis entfaltet. Nun zeigt das Emdener Urteil, dass das EuGH-Urteil schon heute Entscheidungsgrundlage sein kann. Es stellt eine Konkretisierung der Grundrechte-Charta dar und legt unter anderem fest, dass ein Zeiterfassungssystem objektiv, verlässlich und zugänglich sein muss. Ein solches System fehlte beim beklagten Unternehmen. Das vorgelegte Bautagebuch erfüllte nach Ansicht des Gerichts die Anforderungen an Objektivität und Zugänglichkeit nicht. Es wurde der Bauablauf dokumentiert, nicht aber die individuellen Arbeitszeiten inklusive Fahrt- und Rüstzeiten.
Zeiterfassungslösungen können mehr
Deshalb warnt Michael Stausberg: „Das Arbeitsgericht Emden hat die Rechtslage so interpretiert, wie viele Experten es unmittelbar nach dem EuGH-Urteil erwartet haben: Auch ohne die Anpassung des deutschen Arbeitszeitgesetzes müssen Unternehmen schon heute ein geeignetes System zur Zeiterfassung einsetzen.“
Objektivität wird in der Regel meist durch einen zuverlässigen Zeitstempel gewährleistet, der die betreffende Urzeit erfasst. Um ein System zugänglich zu machen, erhalten die Mitarbeiter persönliche Zugänge, über die sie ihre Stempelzeiten und Stammdaten einsehen können. Verlässlichkeit wird sichergestellt, indem Manipulationen an den erfassten Daten unterbunden werden.
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