Immer mehr Festnetzanbieter drängen ihre Kunden in einen sogenannten NGN-Anschluss (Next Generation Network), bei dem auch die Sprachtelefonie komplett übers Internet abgewickelt wird. Hintergrund: Die NGN-Infrastruktur ist für die Provider wesentlich kostengünstiger als das klassische Telefonnetz. Doch stimmt auch die Qualität? Dieser Frage ist die Fachzeitschrift connect in ihrer aktuellen Ausgabe 12/2009 nachgegangen. An acht Standorten in Deutschland haben die Tester mit Originalverträgen NGN-Leitungen bei den neun wichtigsten Anbietern gebucht; als Referenz diente ein ISDN-Anschluss der Deutschen Telekom. Tag und Nacht bauten Computer Testverbindungen über jeden Anbieter zu Festnetzanschlüssen, zu Anschlüssen im eigenen Netz und zu Mobilfunknetzen auf. Zusätzlich wurden regelmäßig große Datei-Up- und Downloads getätigt, um zu überprüfen, ob dies die Sprachqualität beeinträchtigt. Dabei wurden pro Anbieter bis zu 7000 Testtelefonate und Datenübertragungen durchgeführt.
Das Ergebnis vorneweg: Bei den DSL-Anbietern lieferte O2 sowohl bei den Sprach- als auch bei den Datenmessungen die beste Leistung ab. Bei den regional agierenden und deshalb separat bewerteten TV-Kabelbetreibern belegt Unitymedia Platz eins.
Es gab aber auch etliche Probleme zu beklagen. Ein Testkriterium war die Rufaufbauzeit - also die Zeit, die ein Kunde nach dem Wählen warten muss, bis es beim Gegenüber klingelt. Hier setzt der klassische ISDN-Anschluss mit 2,37 Sekunden den Maßstab, Nutzer von Internet-Telefonie müssen teils bis zu 7 Sekunden warten; einzig O2 war mit einer Rufaufbauzeit von durchschnittlich 2,85 Sekunden ISDN dicht auf den Fersen. Weiterer Kritikpunkt sind die teils langen Sprachlaufzeiten, die sich durch Verzögerungen im Gesprächsfluss bemerkbar machen. Beträgt diese Zeit am ISDN-Referenzanschluss gut 30 Millisekunden, steigt sie beim schlechtesten NGN-Anbieter auf knapp 178 Millisekunden - ab einem Wert von 150 Millisekunden wird die Verzögerung vom telefonierenden Kunden als störend empfunden.
Auch bei den Datenmessungen förderten die Messsysteme große Unterschiede zutage: So gab es teils erhebliche Abweichungen zwischen der vom Anbieter vertraglich zugesicherten Internet-Geschwindigkeit und den tatsächlich gemessenen Werten. In einem Fall wurden 16 Mbit/s zugesagt, die tatsächliche Geschwindigkeit betrug aber nicht einmal 6 Mbit/s - hier bezahlt der Kunde für eine nicht erbrachte Leistung.
Der Tipp der connect-Redaktion: Wer hohe Ansprüche an die Telefonqualität stellt, sollte bei einem Anbieter unterschreiben, der noch klassisches Festnetz (analog oder ISDN) anbietet. Wer eher preissensitiv ist, sollte zu O2 oder - sofern verfügbar - zu Unitymedia greifen.