In einer Querschnittstudie mit mehr als 200 mittelständischen Unternehmen in Schleswig-Holstein hat die wetreu Unternehmensberatung GmbH analysiert, wie Compliance allgemein im Mittelstand organisiert, angewandt und umgesetzt wird. Ferner wurde untersucht, ob sich die Regeleinhaltung auf die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen auswirkt.
Matthias Bäcker, Geschäftsführer der wetreu Unternehmensberatung, ist der Auffassung, dass das Thema Compliance-Management eine zunehmende Bedeutung für den Mittelstand aufweist. Zum einen sei dies zurückzuführen auf das vermehrt internationale Agieren der Unternehmen, zum anderen auf die laufend neu eingeführten und sich verändernden externen Regelwerke und die damit steigende zivil- und strafrechtliche Haftung. Außerdem würden die zunehmend komplexer werdenden Geschäftsprozesse und die Vielfalt der eingesetzten Kommunikationstechnologien nach entsprechenden Regelungen verlangen, so Bäcker.
Julia Stehmann, im Rahmen ihrer Bachelorarbeit verantwortlich für die Durchführung der Studie, nennt die in den letzten Jahren in der Gesellschaft bewusster wahrgenommene Wirtschaftskriminalität als einen weiteren Grund für den gestiegenen Stellenwert der Compliance. Daraus resultiert, dass auch von den mittelständischen Unternehmen ein sowohl rechtlich als auch moralisch einwandfreies Verhalten gefordert wird.
Die Resultate der Studie verdeutlichen, dass die befragten mittelständischen Unternehmen Defizite in der Dokumentation sowie in der Organisation des Compliance-Managements aufweisen. Keiner der Befragten hat bisher die Stelle eines Compliance-Officers etabliert, welcher sich gezielt den Aufgaben der Regeleinhaltung widmen könnte. Zudem besteht bei einem Großteil der Befragten keine Dokumentationspflicht der Compliance-Tätigkeiten, wodurch im Falle eines Rechtsverstoßes Schwierigkeiten in der Beweisführung entstehen. Ein auf diesen Bereich spezialisierter Mitarbeiter könnte Risiken im Vorfeld identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Minimierung einleiten.
Trotz der bisher unzureichenden Implementierung des Compliance- Managements geben die befragten Unternehmen an, dass Compliance zur Risikoidentifizierung, zur Schadensprävention und zur Bindung der Mitarbeiter beitrage. Weitere Vorteile wären die Optimierung interner Prozesse und höhere Transparenz. Von den Unternehmen wird allerdings kritisiert, dass Compliance zeitintensiv sei, weder einen Beitrag zur Kostenersparnis noch zum Aufbau einer positiven Reputation leiste und daher keinen eindeutig zu benennenden Wettbewerbsvorteil für die Befragten darstelle.
Als erste und zugleich zentrale mittelstandsfähige Compliance-Maßnahme empfehlen die wetreu Berater, das Risikobewusstsein der Mitarbeiter aufzubauen und beständig zu fördern, denn hier könne eine erhebliche Wirkung ohne großen Ressourcenaufwand erzielt werden. Ein kostengünstiges Beispiel sei die Implementierung eines Kodexes, welche auch für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar sei. Ein Verhaltenskodex weist den Vorteil auf, dass eindeutige, für jeden nachlesbare Regelungen schriftlich festgehalten werden und somit ein klares Signal für regelkonformes Verhalten von der Geschäftsleitung gesetzt wird.
Zusammenfassend lässt sich aus den Ergebnissen der Studie schließen, dass auch kleine und mittlere Unternehmen an ihre Geschäftsstruktur angepasste Compliance-Maßnahmen in Angriff nehmen sollten. Die daraus resultierenden Vorteile der frühzeitigen Risikoidentifizierung und -prävention rechtfertigen den Aufwand. Implementierung der Compliance stellt zwar eine komplexe Herausforderung für den Mittelstand dar, der hierfür nötige Ressourceneinsatz ist aber eine lohnende Investition, um Handlungs- und Zukunftsfähigkeit der Unternehmen zu sichern.