Mit konfokalem Raman Imaging können die Moleküle einer Probe chemisch identifiziert und ihre Verteilung dreidimensional abgebildet werden. Traditionell nutzen vor allem Physiker und Materialwissenschaftler die Raman Mikroskopie, seit einigen Jahren etabliert sich aber auch in der biowissenschaftlichen, medizinischen und pharmazeutischen Forschung. Dieser Trend spiegelt sich auch in den Beiträgen zum Raman Symposium wieder: neben fünf Vorträgen kamen fast die Hälfte der Poster-Beiträge aus diesen Bereichen. Auch ein Poster aus dem pharmazeutischen Bereich erhielt dieses Jahr den WITec Poster-Preis. Tatjana Lechtonen von der Ruhr Universität in Bochum freute sich über die Auszeichnung. Sie verwendet Raman Imaging zur Analyse von Krebs-Medikamenten. Auf ihrem Poster stellt sie Ergebnisse zur Zell-Antwort und Resistenz von Krebszellen auf Erlotinib und Neratinib vor. Sie glaubt, dass Raman Imaging ein großes Potential als in vitro Methode hat, um neue Krebsmedikamente zu evaluieren. In der pharmazeutischen Forschung sei die Raman Mikroskopie eine relativ neue Methode und gehöre noch nicht zum Standardprogramm, betonte Dr. Duohai Pan von der Pharmafirma Bristol-Myers Squibb aus New Jersey (USA). Dennoch wird sie in seiner Firma bereits von prä-klinischen Toxikologie-Studien bis hin zur Entwicklung der Medikamenten-Zusammensetzung eingesetzt. Mit Hilfe der Raman Mikroskopie erhält Pan Informationen über Präzipitations- oder Kristallisations-Eigenschaften der Wirkstoffe und Hilfsmittel, die sich auf die Stabilität und Löslichkeit des Endprodukts auswirken können. Außerdem spielt die Identifizierung von Polymorphen für ihn eine wichtige Rolle, da sie trotz gleicher chemischer Zusammensetzung unterschiedliche Auswirkungen auf den Körper haben können. Emulsionen, Pulver und sogar ganze Tabletten gehören zu den Proben, die Pan mit der Raman Mikroskopie untersucht.
Wie sie korrelative Raman-, Rasterfeld- und optische Nahfeld-Mikroskopie zur Untersuchung von Blutgefäßen und arteriosklerotischen Plaques nutzt, berichtete Prof. Dr. Malgorzata Baranska von der Jagiellonian Universität in Krakau (Polen). Die Forscherin und ihre Kollegen analysieren an Zellkultur-Modellen des Endotheliums und der Leber sowie an Gewebeproben, welche biochemischen Prozesse sich unter dem Einfluss von Stress oder pharmazeutischen Wirkstoffen verändern. Mit der Nahfeld-Mikroskopie stellen sie lebende Zellen im Nanometer-Maßstab dar. Die Ergebnisse der für diesen Forschungsbereich recht neuen Methoden vergleicht Baranska mit etablierten, histologischen Verfahren. Dr. Christian Matthäus vom Institut für Photonische Technologien in Jena forscht ebenso an Arteriosklerose. In seinem Vortrag berichtet er über seine Arbeit an Makrophagen, die Lipide aufnehmen und speichern und maßgeblich an der Bildung der arteriosklerotischen Plaques beteiligt sind. Matthäus zeigte, dass sich Raman Mikroskopie hervorragend dafür eignet, Fettsäuren und Lipid-Transportproteine in den Makrophagen nachzuweisen. Anhand der Zusammensetzung der Plaques kann Matthäus Aussagen über das Risiko machen, das von ihnen ausgeht, denn nicht alle arteriosklerotischen Veränderungen führen zu Thrombose, Schlaganfall oder Herzinfarkt.
In den Materialwissenschaften spielt die konfokale, korrelative Raman-Mikroskopie schon länger wichtige Rolle bei der Entwicklungen neuer oder verbesserter Materialien. Die Vorträge und Postern aus den Materialwissenschaften erstreckten sich von Zement bis hin zu atomar dünnen 2D Materialien. Zement ist ein seit Jahrhunderten bekannter Baustoff. Bei der Herstellung von Zement werden unzählige Rohstoffe verbraucht und es fallen große Mengen an CO2 an. Außerdem entstehen beim Abriss von Zementbauten Tonnen an Müll. Dr. Biliana Gasharova vom KIT in Karlsruhe hat sich zur Aufgabe gemacht, umweltfreundlichere und energieeffizientere Produktionsverfahren zu entwickeln. Dafür untersucht sie die Auswirkungen veränderter Produktionsbedingungen auf die Zusammensetzung der Zement-Phasen und deren Eigenschaften. Um die Phasen im Zement darzustellen und chemisch zu identifizieren verwendet sie konfokale Raman Mikroskopie. Damit kann sie unter anderem kristalline Strukturen und polymorphe Domänen unterscheiden und daraus Rückschlüsse auf deren Entstehung während der Produktion ziehen. Ganz andere Materialien sind für die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Georg Duesberg am Trinity College in Dublin (Irland) interessant. Sie forscht an neuen 2D Materialien, die zukünftig in Solarzellen, Transistoren und elektronischen Geräten Einsatz finden sollen. 2D Materialien sind atomar dünne Schichten, die beispielsweise aus Nano-Kohlenstoff, Molybdändisulfid, Wolframdisulfid oder Platindiselenid bestehen. Duesberg und Kollegen untersuchen Herstellungsverfahren, die den Einsatz dieser Materialien in der industriellen Anwendung ermöglichen. Dabei ist es wichtig, Informationen über die Anzahl der atomaren Lagen, mögliche Defekte in den Schichten und die Leitfähigkeit des hergestellten Materials zu erhalten. Neben Mikroskopieverfahren wie Rasterkraftmikroskopie, Röntgenphotoelektronenspektroskopie und der Transmissionselektronenmikroskopie verwendet Duesberg vor allem die Raman Mikroskopie, die sich für diese Materialien gut eignet. Besonders Informationen, die Duesberg und Kollegen aus Raman Analyse im Bereich niedriger Wellenzahlen erhalten, sind für die Material-Charakterisierung interessant. Aktuelle werden 2D Materialien weltweit intensiv untersucht. Ausschnitte aus ihrer Forschung an 2D Materialien beleuchteten Prof. Dr. Nedjam Bendiab vom Institut Néel/CNRS an der Universität Grenoble (Frankreich) und Prof. Dr. Marcos Pimenta von der Universität in Belo Horizonte (Brasilien). Bendiab stellte ihre Forschung an dem Nano-Kohlenstoff Graphen über Belastungen im Material, mechanische Resonanz und Ladungs- und Energie-Übertragung vor. Pimenta berichtet über seine Arbeit über atomare Strukturen und Anordnungen in unterschiedlichen 2D Materialien und vergleicht die Ergebnisse aus der Raman Spektroskopie mit den Ergebnissen aus theoretischen Simulationen. Welche unterschiedlichen Anwendungsfelder die konfokale Raman Mikroskopie in den Materialwissenschaften sonst noch findet, resümierte Prof. Dr. Vladimir Shur von der Föderalen Ural Universität in Jekaterinburg (Russland).
Dass die Symposium Teilnehmer den Vorträgen unterschiedlichster Fachrichtungen folgen konnten, dafür sorgte Prof. Dr. Schlücker von der Universität Duisburg-Essen mit einer Auffrischung der physikalischen Prinzipien der Raman-Spektroskopie. Außerdem stellte er Beispiele aus seinem Spezialgebiet vor, der Oberflächen-verstärkte Raman Spektroskopie (SERS). Am Ende seines Vortrags konnten die Teilnehmer ihr Wissen in einem interaktiven Quiz testen. Dr. Johannes Ofner von der Technischen Universität in Wien (Österreich) erläuterte den Teilnehmern, wie man große Datenmengen, die in hyperspektralen Bildern enthalten sind, auswertet. Hyperspektrale Bilder beinhalten Informationen unterschiedlicher Mikroskopieverfahren wie Elektronenmikroskopie, Massenspektroskopie und Raman Mikroskopie. Anstatt jedes Bild einzeln auszuwerten, verwendet Ofner entsprechende Filter und Algorithmen um die Bilddaten gleichzeitig zu analysieren. Dies erleichtert die anschließende Interpretation der Ergebnisse.
Am Ende der Konferenz waren die Rückmeldungen der Konferenzteilnehmer durchweg positiv. Gomathy Sandhya Subramanian vom A*STAR Institut für Materialforschung in Singapur betonte: „Die Besonderheit beim Konfokalen Raman Imaging Symposium ist, dass man neben Fachexperten auch System-Experten trifft, von denen man eine Menge Tipps und Tricks bekommt, wie man die Raman Mikroskopie auf die eigenen Proben anwenden kann.“ Johannes Ofner von der TU Wien hob hervor: „Während wissenschaftlichem und sozialem Programm hat man Kontakt zu Forschern und WITec Mitarbeitern bekommen. Es war eine ideale Basis um Wissen und Erfahrungen auszutauschen.“
Das 14. Symposium für Konfokales Raman Imaging wird vom 25. – 27. September 2017 in Ulm stattfinden.
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