Insgesamt wurden im Ulmer Stadthaus 17 Vorträge und 25 Poster präsentiert. Sebastian Schlücker (Universität Duisburg-Essen, DE) eröffnete die Konferenz mit einer Einführung in die Theorie der Raman-Spektroskopie und deren Anwendung für die Mikroskopie. In einem interaktiven Quiz ließ er die Teilnehmer ihr Wissen über die Physik des Raman-Effekts testen. Anschließend erklärte Olaf Hollricher (Geschäftsführer und Leiter der Forschungsabteilung der WITec GmbH) die technischen Aspekte der Raman-Mikroskopie, wie die Anforderungen an Spektrometer, Detektoren und Analysesoftware. José Fernández (Instituto de Cerámica y Vidrio, CSIC, Madrid, Spanien) erläuterte in seinem Vortrag über korrelative Raman-Mikroskopie anhand diverser Beispiele die Vorteile der Kombination von Raman-Imaging mit Elektronen-, Rasterkraft- oder Second Harmonic Generation-Mikroskopie.
Den krönenden Abschluss des ersten Konferenztages bildete der Abendvortrag „Innovations in Microscopy“ von Charles Lyman, dem Chefredakteur der Zeitschrift Microscopy Today, der seine Zuhörer auf eine spannende und anschauliche Reise durch die Geschichte der Mikroskopie mitnahm. Sein besonderes Augenmerk legte er dabei auf Meilensteine der Mikroskopie, die neue Forschungsfelder begründeten, indem sie die Beobachtung bisher nicht zugänglicher Strukturen ermöglichten.
Der zweite Konferenztag begann bei einer Tasse Kaffee in gemütlicher Atmosphäre mit dem wissenschaftlichen Ideenaustausch, der die Konferenz auszeichnet. Die erste Vortragsreihe mit dem Thema Nanotechnologie eröffnete Yuan Huang (Chinese Academy of Sciences, Beijing, China) mit einem Vortrag über 2D-Materialien in Spannungsfeldern. Er zeigte, wie mit Raman- und Photolumineszenz-Mikroskopie die spannungsabhängigen Eigenschaften von Graphen oder Molybdändisulfid untersuchen werden können. Holger Schmalz (Universität Bayreuth, DE) produziert durch Elektrospinning Polymerfasern aus mehreren Komponenten, deren Eigenschaften durch Anpassung von Temperatur oder pH-Wert verändert werden können. In seinem Vortrag betonte er den Nutzen der Raman-Mikroskopie für die Charakterisierung dieser Polymerstrukturen. Zum Abschluss der Session präsentierte Simon Thiele (Forschungszentrum Jülich und Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien, DE) eine neue Tomographie-Methode, bei der eine Probe in sehr dünne Scheiben geschnitten wird. Aus 2D Raman-Bildern der einzelnen Schnitte werden dann hochaufgelöste 3D Bilder generiert, wie er anschaulich am Beispiel eines Marmorkuchens zeigte.
Im Mittelpunkt der zweiten Vortragsreihe standen Geowissenschaften und Archäologie. Maria Alexandrovna Sitnikova und Khulan Berkh (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover, DE) präsentierten mehrere eindrucksvolle Anwendungen der RISE (Raman Imaging and Scanning Electron) Mikroskopie. Als Beispiele dienten unter anderem die Unterscheidung verschiedener Eisenoxide und die Visualisierung von flüssigen Einschlüssen unter der Gesteinsoberfläche. Linda Prinsloo (University of the Witwatersrand, Johannesburg, Südafrika) sprach über ihre Untersuchungen von prähistorischen Steinwerkzeugen, die Einblicke in das Leben früher Menschen geben. Sie beobachtet die Veränderung verschiedener Steine unter Hitzeeinfluss, um den Herstellungsprozess der Werkzeuge zu verstehen. Zudem können Rückstände auf den Oberflächen, zum Beispiel Fettsäuremoleküle, Aufschluss darüber geben, wie die Werkzeuge benutzt wurden.
Die nächste Session begann mit einem Vortrag über Tissue Engineering für personalisierte Medizin. Katja Schenke-Layland (Universität Tübingen, DE) zeigte, wie Raman-Mikroskopie glatte Muskelzellen charakterisieren und Phänotypen unterscheiden kann, und präsentierte Bilder eines Pankreas-on-a-chip zur Insulinproduktion. Danach sprach Peter Vikesland (Virginia Tech, Blacksburg, USA) über einen neuen Ansatz, um oberflächenverstärkte Raman-Streuung (engl. surface enhanced Raman spectroscopy, SERS) für quantitative Messungen zu verwenden. Dabei werden oberflächenverstärkte elastische Streusignale als interner Normierungsstandard verwendet, um die Heterogenität von SERS-Substraten auszugleichen.
Im Mittelpunkt der vierten Vortragsreihe standen praktische Anwendungen der Raman-Spektroskopie für chemische Analysen in Industrie- und Militärlabors. Zunächst präsentierte Lars Meyer (BASF SE, Ludwigshafen, DE) eine Auswahl von Fragestellungen, die sein Analyse-Labor mittels Raman-Mikroskopie beantwortet. Zu den Beispielen gehörten die Charakterisierung verschiedener Calciumcarbonat-Formen, sowie eine zeitabhängige Studie über die Kristallisation von Gips und den Einfluss verschiedener Zusätze auf die Reaktionsgeschwindigkeit. Erik Emmons (U.S. Army Research Laboratory, Aberdeen, USA) nutzt die Raman-Mikroskopie für die Erkennung biologischer, chemischer oder explosiver Gefahrstoffe. In seinem Vortrag erklärte er, wie Sprengstoffrückstände auf Fingerabdrücken erkannt und lebensfähige von deaktivierten Sporen unterschieden werden.
Die letzte Vortragsreihe war für eingereichte Beiträge reserviert und es wurden eindrucksvolle Anwendungen und moderne Technologien der Raman-Mikroskopie präsentiert. Zunächst erläuterte Patrick Altmann (attocube systems AG, Haar, DE) den Nutzen von Raman-Messungen bei niedrigsten Temperaturen und hohen Magnetfeldstärken. Beispielsweise zeigte er den Einfluss der magnetischen Feldstärke auf das Raman-Spektrum einer einzelnen Graphen-Flocke. Bastian Barton (Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Darmstadt, DE) nutzt 3D Raman-Mikroskopie für die Analyse von Polymerkomponenten und untersucht den Einfluss verschiedener Zusätze auf Polymereigenschaften, wie mechanische Stabilität oder Brennbarkeit. Anschließend erklärte Emil Bjerglund (Danish Technological Institute, Aarhus, Dänemark) anschaulich, wie er Raman-Spektroskopie zur Erkennung gefälschter Dokumente einsetzt. Schriftstücke können anhand der Raman-Spektren der Tinte datiert werden, da sich diese mit der Zeit verändern. Hierbei bietet Raman-Spektroskopie den enormen Vorteil, dass empfindliche Dokumente weder für die Untersuchung angefärbt werden müssen noch dabei beschädigt werden. Den Abschluss des Symposiums bildete der Vortrag von Armin Zankel (Technische Universität Graz, Österreich) über die Kombination von Raman- und Elektronenmikroskopie (RISE) und energiedispersiver Röntgenanalyse für die Charakterisierung verschiedener Gesteins- und Polymerproben.
Am Abend trafen sich die Konferenzteilnehmer im historischen Ulmer Rathaus, um bei traditionellen schwäbischen Gerichten und lokalen Bierspezialitäten die Konferenz ausklingen zu lassen und die wissenschaftlichen Diskussionen in gemütlicher Atmosphäre fortzusetzen. Auf dem Programm stand auch die Verleihung des Poster-Preises. Für die Jury war es nicht leicht, unter den Favoriten einen einzigen Gewinner auszuwählen. Sie entschied sich letztlich für Birgit Bräuer (Universität Wien, Österreich). Ihr Beitrag mit dem Titel „Surface Characterization of Escherichia coli-imprinted Polymers using Confocal Raman Microscopy“ präsentiert eine Nachweismethode für Bakterien in einer Probe mittels Raman-Mikroskopie und gewann den WITec Poster-Preis 2019.
Am dritten Konferenztag waren die Teilnehmer ins WITec Hauptquartier eingeladen, wo die neuesten Techniken konfokaler Raman-Mikroskopie vorgeführt wurden. Für viele Teilnehmer war dies die erste Gelegenheit, Neuerungen wie die ParticleScout Software für automatisierte Mikropartikel-Analyse in Aktion zu sehen.
Das 16. Raman Imaging Symposium erhielt viel positive Resonanz und knüpfte damit an den Erfolg der vergangenen Jahre an. Die Vielfalt der vertretenen Anwendungsbereiche und die wissenschaftliche Tiefe der Vorträge sowie die familiäre Atmosphäre machen den Reiz dieser internationalen Konferenz aus.
Das 17. Confocal Raman Imaging Symposium wird vom 28. bis 30. September 2020 in Ulm stattfinden.
Text und Fotos der Pressemitteilung sowie das Poster, das den Posterpreis gewann, stehen auf der WITec Hompage zum Download zur Verfügung.