Bei der Vernissage am Freitagabend wurde den Gästen aber nicht nur etwas für das Auge geboten. Sie erlebten auch eine angenehme akustische Überraschung. Die noch relativ junge Band „The Capitol“ mit Moritz Huber (E-Gitarre und Klavier“, Dennis Zuric (Bass) und Raphael Stauch (Gesang, Klavier und E-Gitarre) zeigte mit den Songtiteln “Everglow“, „Hold back the River“ und „Purple Rain“, dass sie zu Recht bei einem Kleinkunstwettbewerb im Februar dieses Jahres mit dem zweiten Platz bedacht wurde, wie Thilo Brandel, Leiter Gebäudemanagement der WITTENSTEIN SE, in seiner Grußadresse das Publikum aufklärte. Brandel freute sich auch besonders über die Anwesenheit einiger Architekten aus dem Main-Tauber-Kreis, denn am Werkstoff Filz gefallen ihm neben dem Material mit der besonderen Haptik auch die Möglichkeit für Gebäudeplaner, mit Filz die Raumakustik zu optimieren.
Oberstudiendirektor i.R. Bernd Schepermann, in der Kunstszene des Taubertals kein unbeschriebenes Blatt, war es dann vorbehalten, die rund 150 Gäste der Vernissage in die Kunst des Filzens einzuweihen. Das besondere Gestaltungsmaterial aus Merino- oder Bergschafwolle, werde mühsam in einem bestimmten Press- und Walkverfahren zu einem dichten Stoff gearbeitet. Möglicherweise sei Filz bereits in der Jungsteinzeit, also gut 5000 Jahre vor Christus hergestellt worden.
Es sei für ihn eine besondere Freude mitzuerleben, mit welcher Ernsthaftigkeit, Ideenreichtum und mit welch lebendiger Präzision Künstlerinnen wie Dagmar Meyer und Ulrike Hartrumpf das, was sie beim kreativen Gestalten erleben und fühlen, in groß- oder kleinformatige Werke umsetzen. Ursprünglich waren die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten gestaltet worden, um zunächst einmal die eigenen Wohnräume zu beleben. An dieser Stelle erfuhren die Besucher auch, dass kein Geringerer als Josef Beuys den Filz für viele seiner Aktionen und Objekte ausgewählt hat, wodurch eine mythenhafte Legende um das Material entstand.
Der schöpferische Prozess der beiden Künstlerinnen, so Schepermann, lasse dem Zufall wenig Raum. Erfolge basieren auf einer sehr genauen Planung. Die Kreationen seien im Geiste vollständig konzipiert und gestaltet, bevor sie ausgeführt werden. Der Betrachter fühle sich möglicherweise eingeladen, in das Werk gedanklich einzutauchen. Selbst dann, wenn ihm die künstlerische Arbeit gar nichts sagen möchte. Vielmehr gebe Jeder selbst dem Kunstwerk Sinn „und mit der ganz persönlichen Wahrnehmung verweben sich eigene Erlebnisse, Erfahrungen und Bekanntes“, so Bernd Schepermann. Besonders in den ausgestellten „Pieux“, (Pfähle die für die Austernzucht in der Bretagne gebraucht werden) einer Materialkombination aus hölzernen Fundstücken und Filz, sehe er „ein Kunstwerk, wie es die Natur entstehen lässt“. „Diese phantastischen Fundstücke erzählen von der Brandung des Atlantiks, sie lassen Meeresrauschen und Wind hören und sie sprechen auch von Vergänglichkeit“, so schloss der Laudator seine Interpretation der Kunstwerke.
Die Filzkunst der beiden zertifizierten Filzgestalterinnen Ulrike Hartrumpf und Dagmar Meyer können nach telefonischer Voranmeldung bei Claudia Geier, Telefon 07931/493-10463 bis zum Jahresende im Atrium der WITTENSTEIN SE in Igersheim-Harthausen, Walter-Wittenstein-Straße 1, besichtigt werden.