Herr Zein, auf Ihrer Unternehmens-Homepage formulieren Sie eine Vision. Um was geht es da und wie weit sind Sie in dieser Vision bereits gekommen?
DR. AXEL ZEIN: Wir wollen dem Konstrukteur Routineaufgaben abnehmen, weil wir glauben, dass der Mensch am besten ist, wenn er Zeit hat und seine Kreativität ausspielen kann. Routineaufgaben kann ein Computer wunderbar übernehmen. Das verfolgen wir konsequent in der Entwicklung unserer Software.
Die Automatisierung von Routineaufgaben setzt eines voraus: Standardisierung. Wie sieht es mit der Interoperabilität Ihrer Software mit anderen Softwares, zum Beispiel aus dem Bereich M-CAD, aus?
Standardisierung heißt zu allererst, das Rad nicht immer wieder neu erfinden zu wollen. Für wiederkehrende Teilschaltungen erstellt man sich Makrovorlagen, bei Bedarf mit entsprechenden Varianten. Ist eine Anlage oder Maschine modular aufgebaut, lassen sich die Teilschaltungen über einen Wizard wie von Zauberhand zu mehr oder weniger vollständigen Plänen zusammensetzen. Bei einem unserer Kunden konfiguriert der Vertrieb die gesamte elektrotechnischen Pläne inklusive Dokumentation mit einem hauseigenen Produktkonfigurator mit. Auch wenn wir hier noch lange nicht am Ende sind, so sind wir unserer Vision in der Praxis einen großen Schritt näher. Was die Verbindung von Mechanik und Elektrik betrifft, sind wir überzeugt, dass PLM-Systeme das führende Bindeglied sind. Deshalb bieten wir eine Anbindung an alle führende PLM-Systeme über OpenPDM von Prostep und direkt zu Pro.file von PROCAD.
Nun ist WSCAD ein wenig in der Rolle des „David“ im Bereich der E-CAD-Systeme. Was machen Sie anders als der „Goliath“ der Branche? Warum sollten Elektrokonstrukteure WSCAD einsetzen?
Wir sind schneller und agiler, hören unseren Kunden zu und nehmen das, was sie benötigen, in unsere Software auf. Zudem ist unsere Lösung bei gleicher Funktionalität weniger überladen und einfacher zu bedienen.
Ihre Software-Suite ist da ja auch durchaus kompatibel zur genannten Konkurrenz, oder?
Eine 100%-ige Kompatibilität gibt es auf Grund der unterschiedlichen mathematischen Modelle leider nicht. Aber, wir haben Schnittstellen, um Daten von anderen E-CAD-Systemen zu verarbeiten. Und wir haben eine Vielzahl von Schnittstellen zu anderen Automationsanbietern wie zum Beispiel Siemens TIA, Wago, Phoenix Contact, Weidmüller und mehr.
Wir erleben seit einigen Jahren eine massive Konzentrierung im M-CAD-Bereich. Wie sieht das im E-CAD-Bereich aus?
Tatsächlich begann die Marktbereinigung im Bereich E-CAD zirka 10 Jahre später als im M-CAD-Bereich. Wie bei jeder Marktbereinigung gibt es Überlebende und solche, die einen langsamen Tod sterben. Die Tatsache, dass WSCAD in einer solchen Marktphase zweistellig wächst, sagt aus, wohin wir uns bewegen.
Die gedruckte Elektronik macht Fortschritte, sogar im Bereich 3D-Druck. Ist das ein Thema mit dem Sie sich befassen?
Nein – wir haben bis dato weder Strom noch Spannung in gedruckter Form aus einem 3D-Drucker kommen sehen ;-))
Konstruktion und Fertigung rücken zusammen. Wie lässt sich dieser Prozess mit WSCAD-Software abbilden – ich meine da zum Beispiel den Schaltschrankbau?
Wenn Sie einen Schaltschrank zehntelmillimetergenau aufgebaut, den Füllgrad der Kanäle berechnet und die Verbindungen geroutet haben, dann ist es naheliegend, diese Daten auch für die Fertigung von Drähten, Drahtsätzen und Schrankgehäusen zu nutzen. Deshalb verfügt unsere Lösung über Schnittstellen zu Dienstleistern und NC-Maschinen namhafter Hersteller. Einige unserer Kunden nutzen diese Funktion bereits sehr erfolgreich. Die Schnittstellen sind übrigens Bestandteil unserer Lösung, das heißt, es entstehen keine zusätzlichen Lizenzkosten. Und sie lassen sich relativ einfach implementieren.
Längst lässt sich Ihr Unternehmen nicht mehr auf die Elektrokonstruktion allein festlegen. Was haben Sie denn sonst noch im Portfolio?
Egal, ob Sie Gebäude, Maschinen oder Anlagen bauen – wir haben immer die Mechanik oder Hardware, die Elektrik und Elektronik und die Programmierung. Mit unserer WSCAD-Lösung decken wir den gesamten Bereich der Elektrik ab. Das heißt: Elektrokonstruktion, Schaltschrankbau, Hydraulik und Pneumatik, Verfahrenstechnik (P&ID), Gebäude- und Raumautomatisierung bis hin zur Elektroinstallation. Die Devise dabei lautet: Daten einmal erfassen und Gewerke übergreifend nutzen. Wo immer möglich, ersetzen wir Routineaufgaben durch Automatismen und gestalten die Bedienung so einfach wie möglich, damit Gelegenheitsanwender genauso gut damit zurecht kommen, wie Power User.
Sie bieten Ihre „WSCAD Suite Education“ für die Non-Profit-Ausbildung kostenlos an. Mit welchem Funktionsumfang und wie wird das angenommen?
Unsere Non-Profit-Version verfügt über den vollen Funktionsumfang und wird zu unserer großen Freude sehr gut angenommen. Die Verteilung erfolgt unbürokratisch über unsere Webseite.
Noch ein Wort zum Mobile-Computing: Ist das ein Thema bei WSCAD?
Den gesamten Funktionsumfang der WSCADAnwendung auf die kleinen Bildflächen der Tablets oder gar Smartphones bringen zu wollen, hätte eine Parallelanwendung mit reduzierter Funktionalität und Bedienmöglichkeiten zur Folge. Dies erscheint uns für den Bereich Entwicklung und Konstruktion weniger sinnvoll. Wohl aber macht es Sinn, das Engineering-Ergebnis für mobile Geräte zur Verfügung zu stellen. Wenn Service und Instandhaltung überall und jederzeit auf aktuelle Pläne, Artikeldaten und 3D-Sichten von Bauteilen zugreifen können, ist dies in Sachen Zeitersparnis und Zuverlässigkeit von unschätzbarem Wert. Oder denken Sie, wie schnell und sicher die Verdrahtung eines Schaltschrankes per App vorgenommen werden kann. Deshalb haben wir vor über einem Jahr schon unsere WSCAD Augmented Reality App für iOS- und Android-Systeme auf den Markt gebracht. Sie ist Bestandteil der WSCAD Suite und kann kostenlos aus dem Apple App Store und Google Play geladen werden. In dieser Richtung werden wir weiter entwickeln. »