Die Veranstaltung fand in den Räumen des Augsburger IT- und Beratungsspezialisten XITASO statt, der seine Kunden bei allen Facetten der digitalen Transformation unterstützt. Zu den Gesprächspartnern des Bayerische Wirtschaftsministers zählten Manuel Kosok, VP Technology & Development manroland Goss web systems, Stefan Schimpfle, Geschäftsführer Digitales Zentrum Schwaben (DZ.S), Prof. Dr. Jens Brunner, Lehrstuhlinhaber „Health Care Operations/Health Information Management“ an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg, sowie Ulrich Huggenberger, Geschäftsführender Gesellschafter der XITASO GmbH.
Insbesondere drei Aspekte standen im Zentrum des Fachgesprächs zur Digitalisierung im Raum Augsburg und Bayerisch Schwaben: Wo stehen regionale Unternehmen bei der Formulierung und Umsetzung ihrer Digitalstrategie? Welche Chancen und Risiken bergen die neuen Technologien? Und wie vermeidet die Wirtschaft, dass Digitalisierung zum „Jobkiller“ wird?
Digitalisierung: Technologien konvergieren und ändern Prozesse
Nicht alle der der Digitalisierung zugrunde liegenden Technologien sind neu, sogar Topthemen wie Maschinelles Lernen oder Künstliche Intelligenz basieren zumindest teilweise auf Algorithmen, die bereits vor zwanzig bis dreißig Jahren in den Universitäten gelehrt wurden. Doch erst heute – mit zunehmender Leistung der Geräte und der entsprechenden Infrastruktur – ist die Grundlage für tiefgreifende Veränderungen und Weiterentwicklungen geschaffen.
Während viele Unternehmen in Augsburg und Schwaben bereits in der Vergangenheit ihre Maschinen vernetzt haben, legen erst die hohen Bandbreiten der heutigen Zeit die Grundlage, echte Automatisierung zu erreichen, wie Ulrich Huggenberger, der Geschäftsführer von XITASO und Gastgeber des Fachgesprächs betont. „Dabei erfordert Digitalisierung unter anderem eine Anpassung der bestehenden Unternehmensabläufe, um das Potenzial der neuen Technologien tatsächlich ausschöpfen zu können. Auch hier sehen wir bereits positive Beispiele: Unternehmen, die aktuell ihre Abläufe überdenken und neu definieren.“
Mehr Gewicht auf Aus- und Weiterbildung legen
Solche tiefgreifenden Veränderungen stoßen in Unternehmen jedoch schnell auf Widerstand, weshalb es laut Manuel Kosok von manroland Goss web systems unerlässlich ist, Digitalisierung als unternehmensweites Projekt zu begreifen. „Das Durchschnittsalter unserer Kollegen beträgt 52 Jahre. Viele von ihnen haben eine Betriebszugehörigkeit von zwanzig Jahren und mehr. Damit Digitalisierung erfolgreich sein kann, müssen diese im Veränderungsprozess mitgenommen werden.“ Ein Cultural Change im Unternehmen sei daher einer der zentralen Schritte. Es müsse den Mitarbeitern vermittelt werden, warum es auch mit 52 Jahren noch sinnvoll und wichtig ist, neue Technologien und Vorgehensweisen zu erlernen, wie etwa agiles Arbeiten.
Gerade vor diesem Hintergrund wird auch die Bedeutung von Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zunehmen, wie der Bayerische Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer erklärt: „Im Zuge der Digitalisierung erwarte ich weniger einen Wegfall von Jobs, als vielmehr eine Verlagerung der Arbeitsplätze in andere Bereiche. Auch wenn der Bedarf an manuellen Arbeitsgängen durch Automatisierung und intelligente Maschinen zurückgeht, so eröffnen sich in anderen Bereichen völlig neue Arbeitsfelder. Hierfür müssen die Arbeitnehmer qualifiziert werden.“ Um dies zu unterstützen, sieht er unter anderem Handlungsbedarf bei der Politik: Neben der Förderung von Lehrkräften und Weiterbildungsangeboten muss auch die Ausstattung von Berufsschulen verbessert werden, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden.
Auch die Förderung neuer Studiengänge ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Aspekt, wie Prof. Dr. Jens Brunner von der Universität Augsburg betont. „Was wir in Zukunft immer seltener sehen werden, ist eine Person, die einen Beruf erlernt und diesen ihr ganzes Leben lang ausübt. Der Arbeitnehmer der Zukunft wird sich flexibler anpassen müssen. Dabei unterstützt die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Augsburg mit ihrem angepassten Lehrangebot.“ Durch spezialisierte Cluster, insbesondere im Bereich Operations & Information Management, werden auch aktuelle Forschungsthemen im Bereich Analytics abgedeckt und diese so in die Lehre integriert. Damit wird die Grundlage geschaffen für die Nutzung neuer Erkenntnisse in der Praxis, etwa durch Start-ups.
Innovative Projekte in der Region als Standortvorteil
„Vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels könnte man annehmen, es gäbe kaum eine florierende Gründerlandschaft, da Fachpersonal unmittelbar vom Markt aufgesogen wird“, ergänzt DZ.S-Geschäftsführer Stefan Schimpfle. „Dem ist aber ganz und gar nicht so. Mit einer guten Idee war es noch nie so einfach wie heute, ein Unternehmen zu gründen.“ Besonders in Augsburg sieht der Experte ein innovatives Umfeld für Gründer: „Gerade im Bereich Künstliche Intelligenz tut sich in Augsburg viel, nicht zuletzt durch die enge Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft. Auch den Bereich der Medizintechnik sehe ich als einen Zukunftsfaktor des Standorts Augsburg.“
Ein Aspekt, dem auch Franz Josef Pschierer zustimmt. Er führt als Beispiel das neue Universitätsklinikum Augsburg an. Durch dessen Verbindung von Wissenschaft und Praxis mit modernster Technologie entstehe in der Region eine positive Synergie, durch die Augsburg zu einem der Vorreiter im Bereich der Medizintechnik werden kann, etwa bei der anonymisierten Analyse und Auswertung von Patientendaten mit digitalen Technologien. So resümiert Pschierer: „Ich sehe hier eine wunderbare Chance für Augsburg, sich beispielsweise auch gegenüber anderen Metropolregionen als innovativen Standort im Digitalisierungsbereich zu profilieren.“