Gemeinsam mit anderen Unternehmen haben Sie 2018 einen OPC-UA-Demonstrator vorgestellt. Welche Erkenntnisse konnten Sie bei diesem Projekt gewinnen?
Das ist tatsächlich ein besonderes Projekt, bei dem Zeltwanger intensiv mit anderen Unternehmen zusammengearbeitet hat. Der damals vorgestellte Demonstrator zeigte einen Zwischenstand des VDMA-Projektes und wird auch jetzt noch weiterentwickelt.
Das Projekt veranschaulicht konkret, wie eine einheitliche und semantische Beschreibung eines IAS-Systems unter der Voraussetzung einer interoperablen Kommunikation mit OPC UA aussehen kann. Es zeigt sich, dass eine interoperable Kommunikation möglich ist und unbedingt ernstgenommen werden sollte. Das sehen Hersteller und Anwender zunehmend genauso. Nie zuvor haben so viele Komponentenhersteller, die teilweise auch in Konkurrenz zueinanderstehen, zielführend gemeinsam an einem Projekt gearbeitet.
Mit dem Demonstrator haben wir ein Informationsmodell entwickelt, das nicht nur Daten von Geräten zur Verfügung stellt, sondern auch Fähigkeiten der Geräte definiert. So bieten zum Beispiel unterschiedliche Hersteller von Handlingsystemen die Fähigkeit „GoToPosition“ als OPC-UA-Methode an. So kann diese Fähigkeit von anderen OPC-UA-Teilnehmern einfach aufgerufen werden.
Das bietet Anwendern den großen Vorteil, dass sie nicht mehr zahlreiche Dokumentationen unterschiedlicher Hersteller studieren müssen, um herauszufinden, wie sie unsere Anlagen und Geräte in ihr Automatisierungssystem integrieren können. Dadurch erreichen wir eine deutlich verkürzte Inbetriebnahme und eine intuitivere Integration unserer Anlagen und Geräte. Eine Metapher, die wir hierbei vor Augen haben, ist der USB-Standard von Verbraucherprodukten. Plug-and-Work soll auch bei Maschinen funktionieren.
Wo besteht konkret der meiste Optimierungsbedarf bei OPC UA und wie sollte dieser aussehen?
Es ist wichtig, den Fokus nicht nur auf den Austausch von Daten über OPC UA zu legen, sondern auch die steuerungstechnischen Vorteile in Betracht zu ziehen. Dafür müssen seitens der OPC Foundation die VDMA IAS Companion Specification weiterentwickelt und die Wege für ein fähigkeitsbasiertes Engineering unterstützt werden. Des Weiteren sollten auch die Komponenten- und Steuerungshersteller die Möglichkeiten von OPC UA forcieren und die Technologien in ihre Geräte integrieren.
Seit wann ist Zeltwanger im Bereich OPC UA engagiert? Aus welchen Gründen haben Sie sich damals dazu entschlossen?
Unser Schwesterunternehmen, die Zeltwanger Automation, ist im Jahr 2016 durch den VDMA und durch diverse Bachelorarbeiten auf OPC UA aufmerksam geworden. Sowie bei vielen Maschinenbauern haben auch wir teilweise kundengetriebene Vorgaben, wie zum Beispiel den Einsatz von Geräten eines SPS-Herstellers. Explizit haben wir damals nach einer einheitlichen Kommunikation zum Datenaustausch von Beckhoff- und Siemens-Steuerungen in der Zeltwanger Automation gesucht. Dadurch haben wir die interoperablen Vorteile von OPC UA kennengelernt. Dies ermöglichte uns, wiederverwendbare Softwaretools für Steuerungen unterschiedlicher Hersteller zu entwickeln.
Die Zeltwanger Dichtheitsprüfung hat bereits 2017 das ZEDeco vorgestellt. Dies ist das weltweit erste Dichtheitsprüfgerät mit OPC-UA-Server. Seit 2018 bieten wir unser gesamtes Portfolio an High-End-Dichtheitsprüfgeräten im Standard mit OPC UA ohne Mehrpreis an. Das ist einzigartig am Markt.
Mit der Entscheidung OPC UA in unseren Systemen zu implementieren, werden wir bei Zeltwanger die Datenkommunikation im Umfeld der Industrieautomation und der M2M-Kommunikation standardisieren. Im Vergleich zu Feldbussen sind neben dem Transport von Daten und Schnittstellen auch Sicherheitsmechanismen und der semantische Aufbau der Daten spezifiziert. Die Service-Architektur ist transparent und flexibel, zukunftsfähig und – für uns sehr wichtig – auch später erweiterbar.
Den hohen Stellenwert von OPC UA bei Zeltwanger unterstreichen wir durch unser großes Engagement bei der Ausarbeitung einer Companion Specification für industrielle Komponenten im Rahmen eines Arbeitskreises beim VDMA. Der erwähnte Demonstrator ist ein wichtiges Produkt dieser Zusammenarbeit.
Warum ist das Thema so wichtig für Sie? Worin sehen Sie das größte Potenzial?
Wir wollen in unseren Anlagen und Geräten mit Hilfe von OPC UA eine intuitive Schnittstelle bieten, die jeder versteht und ohne Programmierkenntnisse nutzen kann.
Gerade bei unserem Schwesterunternehmen, der Zeltwanger Automation, sehen wir das Potenzial für eine einheitliche Geräteschnittstelle. Denn wie ich bereits erwähnte, sind Sondermaschinenbauer oftmals endkundengetrieben und müssen funktional identische Komponenten unterschiedlicher Hersteller einsetzen. Am deutlichsten sieht man das im Bereich der Robotik und Bildverarbeitung. Daraus folgt: Je mehr unterschiedliche Geräte und Schnittstellen ein Sondermaschinenbauer in seinen Anlagen verbaut, desto mehr Knowhow wird zur Inbetriebnahme und Entwicklung benötigt und desto geringer ist die Wiederverwendbarkeit von Software-Code. Dies hat auch Auswirkungen auf die Entwicklungs- und Inbetriebnahmedauer sowie auf die daraus resultierenden Kosten.
Sie sehen sich selbst als Vorreiter im Bereich OPC UA. An welchen Faktoren machen Sie dies konkret fest?
Ganz einfach: In allen Geräten der Dichtheitsprüfung ist ein OPC-UA-Server eingebaut. Damit sind wir weltweit der einzige Hersteller, der in allen seinen Geräten eine einheitliche OPC-UA-Schnittstelle integriert hat.
Was bringt der integrierte OPC-UA-Server denn beispielsweise in einem konkreten Anwendungsfall?
Den Kunden interessieren immer Maschinen-, Betriebs- und Prozessdaten, um daraus Rückschlüsse auf die Qualität der Produktion zu ziehen. Diese sollen möglichst für jedes Gerät in der gleichen Art zur Verfügung gestellt werden. Für solch einen Fall hat der Kunde meist ein übergeordnetes Leitsystem mit einem integrieren OPC-UA-Client. Der Datenaustauch wird im einfachsten Fall nur noch konfiguriert und nicht mehr aufwändig unter Definition von Bit- und Byte-Reihenfolgen programmiert. Das spart Zeit und Geld und ermöglicht die Wiederverwendbarkeit von Softwaremodulen.
Mit unseren OPC-UA-Servern lassen sich nicht nur die Zustände unserer Geräte beobachten, sondern es wird auch ermöglicht, Prozesse zu steuern. Zum Beispiel kann man einen Prüfablauf über ein Leitsystem oder über eine Steuerung mit OPC-UA-Client starten bzw. stoppen. Des Weiteren kann man auch Prozessparameter ändern oder beobachten. Das ermöglicht unseren Kunden beispielsweise, einen Messwert über den OPC-UA-Server zu überprüfen.
Sie haben auch bei der X-Cell OPC UA im Einsatz. Was bedeutet das konkret? Haben Sie dort eine Schnittstelle integriert?
Bisher gibt es in der X-Cell keine öffentliche OPC-UA-Schnittstelle. Wir nutzen derzeit den OPC-UA-Server der SPS-Steuerung, um einzelne Sequenzen (Roboterabläufe) mit der Datenbank der X-Cell auszutauschen.
Auch bei unserer Neuentwicklung der X-Cell WB, eine X-Cell zur Beladung von Werkzeugmaschinen, steuern wir den integrierten Roboter über unsere SPS, anstatt über die herstellerspezifische Robotersteuerung. Dadurch können wir den Roboter über unsere eigene Benutzeroberfläche verfahren und einlernen.
Die gesammelten Daten, wie zum Beispiel Achspositionen und Koordinatensysteme, werden in der Datenbank auf unserer Maschine gespeichert.
Neben Steuerung und Einlernen des Roboters können einzelne Roboterprogramme ohne Programmierkenntnisse konfiguriert werden. Die dadurch erstellten Sequenzen werden in der Datenbank verwaltet. Der Kunde kann für jedes Produkt, das er auf seiner Werkzeugmaschine fertigt, einen Auftrag erstellen, dem er ein angelegtes Roboterprogramm zuordnet. Alle Daten zur Abwicklung des Auftrags sowie zur Ausführung des Roboterprogramms werden von der Datenbank über die SPS mittels OPC UA angefragt.
Welche Mehrwerte lassen sich über OPC UA generieren, die vorher bei der X-Cell nicht möglich waren?
Die Integration des OPC-UA-Servers ermöglicht dem Kunden eine einheitliche Abfrage von Daten in den Datenbanken für verschiedene SPS-Steuerungen. Außerdem erlaubt OPC UA den Austausch großer Datenmengen. Die SPS muss sich also nicht um die Datenhaltung kümmern, sondern kann ihre Ressourcen für die eigentlichen Prozessaufgaben verwenden.
Woran forschen Sie gerade im Bereich OPC UA?
Wie den Kunden unserer High-End-Dichtheitsprüfgeräte werden wir auch den Kunden der Zeltwanger Automation einen OPC-UA-Server für die X-Cell zur Verfügung stellen. Diese Schnittstelle bietet ihnen und unseren HMIs alle relevanten Betriebs-, Prozess- und Maschinendaten in einheitlicher Form an. Des Weiteren planen wir, über OPC UA Dienste zum Anlegen von Aufträgen, Programmen und Rezepturen zur Verfügung zu stellen.
Für diesen OPC-UA-Server forschen wir an einer Maschinenarchitektur, welche die Daten der einzelnen Objekte strukturiert anzeigt, damit wir ein realitätsnahes, digitales Abbild der Maschine erreichen.
Muss ich als Anwender erst einmal alles Industrie-4.0-fähig machen, oder kann ich mit dem Thema Industrie 4.0 und mit OPC UA auch peu a peu beginnen?
Alle Informationen und Steuerungsaufgaben, die über den OPC-UA-Server ermöglicht werden, sind auch mit den klassischen Schnittstellen ab- bzw. aufrufbar. Daher nein, man muss nicht sofort alles auf die Kommunikation mit OPC UA umstellen. Wir sehen derzeit den OPC-UA-Server als zusätzliche Schnittstelle für unsere Geräte und nicht als Ersatz von Schnittstellen. Unsere Kunden profitieren durch zukunftssichere Anlagen und Geräte.