Einerseits ist es der erklärte Wille der Bundesregierung, primäre Rohstoffe zu schonen und, wo immer möglich, durch Recyclingmaterialien zu ersetzen. Andererseits blockierte eine Neufassung der Düngemittelverordnung (DüMV) im Dezember 2008 die Verwendung von Altziegeln als mineralischen Zuschlagstoff in Dachsubstraten.
Aufklärung in den entsprechenden Gremien tat Not. Denn z.B. für den Dachsubstrathersteller ZinCo, der die mineralischen Anteile seiner Substrate aus dem Baustoffrecycling bezog, bedeutete dies, seine komplette Substratproduktion umzustellen. Entgegen der Firmenphilosophie, einer dezentralen Herstellung mineralischer Komponenten, musste teilweise auf natürliche Ressourcen bzw. auf in nicht ausreichender Menge zur Verfügung stehende Ziegel-Produktionsreste zurückzugegriffen werden. Entstanden war diese Situation aus einer grundsätzlichen Umstellung der DüMV: waren vorher alle Materialien zugelassen, die nicht explizit verboten waren, so ist die Situation seit Dezember 2008 (und einer Übergangsfrist von einem Jahr) umgekehrt: nur noch die in der DüMV genannten Materialien dürfen eingesetzt werden. Eigentlich eine sehr sinnvolle Regelung, denn bis dahin wurde teilweise als Dünger deklariert, was besser entsorgt hätte werden sollen. Dass der Gesetzgeber dabei im ersten Wurf nicht alle Stoffe freigegeben hat, die bisher eingesetzt wurden, ist nachvollziehbar.
Allerdings ging das federführende Bundeslandwirtschaftsministerium davon aus, dass die Düngemittelindustrie über ihre Lobby-Verbände rechtzeitig eingebunden war. Dass Dachsubstrate über das weite Feld der Kultursubstrate ebenfalls unter die Regelungen der DüMV fallen, war zunächst weder den Herstellern noch dem wissenschaftlichen Beirat bewusst und so waren die Dachsubstrathersteller während der Erstellung der DüMV nicht beteiligt worden.
Als sich ZinCo deshalb aufmachte, die Verwendung von Ziegeln aus dem Baustoffrecycling wieder zu ermöglichen, stieß man in den beteiligten Ministerien auf offene Türen. Als Ergebnis entstand letztlich, bedingt durch viele andere Änderungswünsche, eine komplett neue Verordnung. Dauer des Prozederes: vier Jahre.
Was lange währt, ………
Mit Beschluss vom 2. November 2012 hat der Bundesrat den Weg für die Verwendung von Ziegeln aus dem Baustoffrecycling (Altziegel) wieder frei gemacht. Begründung: “Die inhaltlichen Erweiterungen sollen insbesondere auch die Verwendung weiterer geeigneter Stoffe als Düngemittel ermöglichen, die knappe primäre Nährstoffe substituieren können“.
Die schon 1990 entwickelte Strategie von ZinCo, nicht ausschließlich auf natürliche Ressourcen wie z. B. Lava, die in Deutschland ausschließlich in der Eifel vorkommt und teilweise sehr lange Transportwege verursacht, zu setzen, ist somit nach wie vor richtig und mittlerweile auch ausdrücklich erwünscht. Dezentral verfügbare Altziegel z. B. aus Dachumdeckungen oder Ziegelmauerbruch bieten zudem weitere eindeutige Vorteile.
Vorteile von Ziegel
Dachsubstrate mit Ziegeln als Hauptbestandteil werden seit vielen Jahren in Untersuchungen hervorragende Eigenschaften und Wuchsergebnisse attestiert. Denn das aus Ziegelbruch hergestellte Mineralsubstrat Zincolit weist eine hohe Wasserspeicherfähigkeit bei gleichzeitig hoher Luftkapazität auf. Die sehr gute Kapillarität begünstigt den Wassertransport und stellt die Versorgung der Pflanzen mit Wasser sicher. Das gute Puffervermögen verhindert ein zu starkes Absinken des pH-Wertes im Laufe der Jahre. Darüber hinaus ist Zincolit ebenso lagestabil wie erosionssicher und überzeugt durch seine Frostbeständigkeit. Voraussetzung sind natürlich aufwändige Sortierprozesse und Qualitätskontrollen.
Gemäß DüMV ist die Verwendung von Ziegel als Ausgangsstoff für Kultursubstrate zukünftig wie folgt geregelt: „Eingesetzt werden darf sortenrein erfasster, aufbereiteter Tonziegel ohne losen oder anhaftenden Mörtel oder Beton. Verwendung von beschichtetem Material ist nur bei inerten Engoben bzw. Glasuren, die der Produktnorm DIN EN 1304 entsprechen, erlaubt.“
Nachhaltigkeit im Fokus
Mit Initiativen wie „ProgRess“ hat die Bundesregierung erstmals eine umfassende Strategie zur nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen entworfen. Auch das Land Baden-Württemberg hat bereits Maßnahmen zur Steigerung der Akzeptanz von Recycling-Baustoffen ergriffen und bekennt sich zu einer nachhaltigen Ressourcenbewirtschaftung. Mit in Kraft treten der Düngemittelverordnung (voraussichtlich noch im Dezember 2012) steht somit einer ökologischen wie ökonomischen Dachsubstrat-Produktion aus Altziegel nichts mehr im Weg – ohne Raum für Interpretationen.