3000 m² große Dachfläche für Mitarbeiter und Besucher nutzbar wird, wählte man kein Solardach, wie es eigentlich nahe liegen würde, sondern ein Gründach. Durch die begrünte Dachfläche hindurch ragen rostbraune
Cortenstahl-Treppenhaustürme auffällig nach außen und machen das Dach zugänglich. Umsäumt wird diese attraktive Dachlandschaft von einer Vordachkonstruktion aus Solarmodulen, die Schatten und Solarstrom spendet. Damit ist ein Projekt gelungen, geprägt von ökonomischer, ökologischer und auch sozialer Nachhaltigkeit.
Das Konzept der nutzbaren Dachfläche
Das Architekturbüro Heinrich Schulte-Frohlinde aus Berlin zeichnet
für das Gesamtprojekt verantwortlich. Das Landschaftsarchitekturbüro hochC aus Berlin plante die anspruchsvolle Gestaltung der Dachfläche. Ein rechtwinkliges Wegenetz durchzieht die weitläufigen Rasenflächen. Holzterrassen aus heimischer, unbehandelter Eiche entlang den Treppenhaustürmen bieten Platz für bequeme Sitzelemente. Die mit über fünfzehn Metern am höchsten gelegene Partie des Daches ist zugleich auch der am wenigsten geneigte Bereich. Hier wurden punktuell Kleinbäume wie schirmförmige Felsenbirnen gepflanzt, es gibt Liegestühle und einen kleinen Sandstrand mit Wasserbecken. Im Bereich der Aufzüge können an einem Platz um eine Bar Veranstaltungen und Empfänge im Freien stattfinden.
Bautechnisch Lösung für das Gestaltungskonzept
Der Dachbegrünungssystem-Hersteller ZinCo GmbH lieferte die passende Lösung für die Begrünung des im Schnitt 12° geneigten Daches, um das Planungskonzept mit seinen vielfältigen Gestaltungen zu realisieren. Der erfahrene Dachgärtner-Fachbetrieb fairplants-system GmbH übernahm die fachgerechte Ausführung.
Die 40 cm dicke Dachdecke war aus wasserundurchlässigem Beton monolithisch gegossen und weist daher keinerlei Dehnfugen auf. Auf dieser wurzelfesten Grundlage folgte eine 16 cm dicke Umkehrdämmung aus extrudiertem Polystyrol. Wesentlich für die Begrünung des Umkehrdaches war nun, dass der Systemaufbau das Ausdiffundieren von Wasserdampf aus dem Dämmstoff ermöglicht. So folgte zunächst ein wasserabweisendes aber dampfdurchlässiges Trennvlies und darauf das Dränelement Floraset® FS 75 von ZinCo als Kernelement im Begrünungsaufbau. Floraset® FS 75 wurde mit den Noppen nach oben verlegt, um später bestmögliche Verzahnung mit dem Substrat zu erzielen. Die Öffnungen in den Elementen leiten überschüssiges Wasser zu den Dachabläufen ab und gewährleisten die erforderliche Diffusionsoffenheit des Umkehrdachs.
Bevor diese Dränageschicht aber verlegt werden konnte, waren Maßnahmen zur Schubsicherung erforderlich.
Keine Rutschpartie
Im Abstand von etwa 6 bis 10 m je nach Dachneigung wurden Schubschwellen zur Abrutschsicherung verankert. Dazu kamen Sonderprofile aus Stahlblech und Aluminium zum Einsatz, die von ZinCo objektgerecht angefertigt wurden. Diese Profile waren zwischen 160 und 225 mm hoch und fungierten neben der Schubkräfteaufnahme auch zur gleichmäßigen Verteilung des Dachwassers: Deshalb wurden Profile mit und ohne Entwässerungsöffnungen verwendet.
Die Schubschwellen wurden auf der vollflächig verlegten Dachdämmung mit Stahlbolzen im WU-Beton verankert. Um dessen Dichtigkeit zu gewährleisten, durften die Bolzen nach statischer Berechnung maximal 5 cm tief in die Betondecke eindringen. Neben den mehr als 2850 Befestigungsbolzen für die Schubsicherung waren auf dem Dach viele weitere Verankerungen notwendig, um die Geländerpfosten und Stahlkonstruktionen für die Holzpodeste und Holzstege zu befestigen. Die beschriebene Bauweise mit WU-Beton ist kostenaufwändig, macht andererseits aber arbeitsintensive Eindichtungen von Durchdringungen überflüssig und ermöglicht dem Bauherrn auch nachträglich neue Aufbauten flexibel zu realisieren, wie z.B. die Installation einer Lautsprecheranlage.
Logistik auf das Dach
Auf dem gesamten Dach folgte nach den Schubschwellen die vollflächige Verlegung der erwähnten Dränelemente Floraset® FS 75. Es war ein „Leichtes“, diese 1 x 1 m großen Platten aus 100% Recycling-Hartschaum auf das Dach zu bringen. Aufwändiger dagegen dann die Aufgabe, an die 1000 Tonnen Schüttgut auf die Dachfläche zu befördern: eingesetzt wurden 16 cm Dachbegrünungssubstrat für die Rasenflächen sowie Kies als Unterbau für sämtliche Holzstege bzw. für die Kiesstreifen am Dachrand zur Wasserführung. Mit Hilfe von Silofahrzeugen konnte das Substrat effizient aufgeblasen und auf dem Dach verteilt werden.
Für den Transport des Fertigrasens auf das Dach war ein mobiler Baustellenkran mit einer Reichweite von 42 m in Verwendung und beförderte die Paletten mit der Rollenware problemlos in die luftigen Höhen.
Der Zeitaufwand für die Realisierung sämtlicher Dachbegrünungsarbeiten inklusive Bepflanzung belief sich auf runde zehn Arbeitswochen, in denen durchschnittlich vier bis sechs Mitarbeiter im Einsatz waren.
Wesentlich für den reibungslosen Ablauf war die enge Abstimmung mit der Bauleitung, die wegen des strengen Zeitplans parallel laufende Ge-werke mit höchster Termingenauigkeit koordinierte.
Wachstumsbedingungen und Windlasten
Mit diesem Begrünungsaufbau sind auch auf dem Extremstandort Dach geeignete Wachstumsbedingungen für die Rasenflächen geschaffen.
Rasen gehört zur Kategorie der Intensivbegrünung und erfordert auch nach der Anwachsphase eine regelmäßige Bewässerung sowie Pflegemaßnahmen wie Schnitt und Düngung. Daher wurde eine Tröpfchenbe-wässerung vorgesehen, die auch in Trockenzeiten ausreichend Feuchtigkeit für das grüne Dach spendet.
Für die im Terrassenbereich vorgesehenen etwa 5 m hohen Großsträucher wurde die Substratschicht auf etwa 50 cm angehäuft, um ausreichenden Wurzelraum zur Verfügung zu stellen. Die Wurzelballen wurden mit Hilfe von Baustahlgittern speziell verankert. Dies gewährleistet die notwendige Windfestigkeit in der Anwachsphase der Gehölze.
Regenwassermanagement
Die Grünfläche des Daches hält etwa siebzig Prozent des Niederschlagswassers zurück und dient zudem der Gebäudekühlung. Überschusswasser wird in einem Zisternensystem gesammelt und für die erwähnte Tröpfchenbewässerung des Gründachs verwendet. Auch die großzügigen Wasserbecken rings um das Verwaltungsgebäude werden mit Grauwasser gespeist, welches für Toiletten und Gartenbewässerung weitergenutzt wird.
Im Außenraum entsteht eine großzügige Parkanlage mit höhengestaffelten Sickerkaskaden. Auf diese Weise wird die ökologisch sinnvolle Re-genwasserversickerung zu einem wesentlichen Gestaltungselement der Parkanlage.
Das ist soziale Nachhaltigkeit
Nachhaltig planen und bauen heißt ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen und ebenso den sozialen Aspekt zu berücksichtigen. Dieser bezieht sich auf den Nutzer und damit auf die Wahrnehmung durch den Menschen.
Der Neubau des Firmensitzes SOLON SE wird allen Ansprüchen in höchstem Maße gerecht. Es entstand eine Dachlandschaft, welche dem Menschen zugänglich und als Freiraum nutzbar ist. Mitarbeiter und Besucher haben Gelegenheit für erholsame Arbeitspausen ebenso wie für inspirierende Besprechungen im Freien. Die Dachterrasse bietet auch für Events und Empfänge einen ganz besonderen Rahmen.
Dank Laptop und WLAN lässt sich auch der Arbeitsplatz auf das Dach verlegen. Das ist Teil des flexiblen Arbeitsplatzkonzeptes von SOLON SE.
Ein ganzheitlicher Ansatz mit Wohlfühlgarantie für die Menschen.
Bautafel
Bauprojekt: Intensive Dachbegrünung (Rasen, Großsträucher) und Dachnutzung (Terrassenflächen und Wegenetz aus Holzbelägen, Wasserbecken, Sandbereiche)
Bauherr: SOLON SE in 12489 Berlin, Technologiepark Adlershof, Neubau des Firmensitzes
Baujahr: 2009
Dachfläche: ca. 3.000 m²
Dachbegrünung: ZinCo-Systemaufbau mit Floraset® FS 75 für Schrägdachbegrünung
Schubschwellen: Sonderanfertigungen der ZinCo-Dachprofile DP und TRP
Architekt: Heinrich Schulte-Frohlinde, Berlin
Landschaftsarchitekt: hochC Landschaftsarchitektur, Berlin
Ausführung: Jungjohann & Jensen GmbH, Güstrow, und fairplants-system GmbH, Pritzwalk