Über die in Vorbereitung befindlichen Autorisierungs-Anträge bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), referierte Dr. Carsten Brockmann (Kunststofftechnik Bernt) aus Sicht des VECCO Konsortiums. Dr. Harald Bluhm (Lanxess Deutschland GmbH) über die Arbeit des CTAC Konsortium. In beiden Konsortien sind FGK Mitglieder engagiert.
Sowohl bei VECCO als auch bei CTAC sind die Dossiers weitgehend fertig gestellt und befinden sich in der finalen Abstimmung. VECCO will im Februar, CTAC im Mai 2015 einreichen. Beide deutlich vor dem spätesten Einreichungsdatum im Februar 2016. Laut Dr. Bluhm planen die im CTAC vertretenen Importeure und einige Formulierer ein „Joint Application“ ,einen gemeinsamer Antrag. Dieser Antrag würde alle nachgeschalteten Anwender mit abdecken. „Wir gehen fest von einer Autorisierung bis mindestens 2024 für die kunststoffgalvanik-relevanten Anwendungen aus“, zeigt sich Dr. Brockmann zuversichtlich. Parallel dazu versucht VECCO mit juristischen Mitteln und auf politischer Ebene eine Erleichterung des REACh-Aufwandes für Galvaniken zu erreichen. Die FGK Firmen haben an der Erstellung beider Dossiers kräftig mitgewirkt.
Erfolgt eine Autorisierung für einen bestimmten Zeitraum, kann auch danach im „Review- Prozess“ die Autorisierung von Chromtrioxid beliebig oft verlängert werden. Dr. Bluhm betonte, dass der FGK aufgrund der besonderen Bedingungen der Automobilindustrie Chancen auf längere Autorisierungszeiträume habe.
Die Besonderheiten beim Einsatz von Chromtrioxid bei Produkten für die Automobilindustrie erläuterte der Leiter der VDA Projektgruppe „Dekorative Verchromung, Markus Bommer (BMW). Eine Umstellung von den derzeitigen sechswertigen Chromoberflächen, die unabhängig vom Beschichter eine einheitliche Dekor-Chromfarbe garantieren, sei derzeit nicht denkbar. „Es dürfen weder die Kundenanforderungen noch die Langzeitqualität beeinträchtigt werden“, so Markus Bommer. Derzeit seien die Alternativoberflächen aus Chrom-III-Verfahren aber selbst für den Kunden klar zu unterscheiden. „Da die verschiedenen verchromten Bauteile oft eng miteinander verbaut werden, müssen sie annährend gleich aussehen. Somit ist eine Umstellung nur denkbar, wenn die Alternativverfahren in Farbe und Funktion der heutigen Oberfläche aus Chromtrioxid-Elektrolyten entsprechen. Dafür brauchen die Entwickler aber deutlich mehr Zeit“, so Bommer. Darüber hinaus gibt es bei den Vorbehandlungen, die ebenfalls Chromtrioxide enthalten, bis heute keinerlei Erfahrungen für den Automobilbereich. Die Automobilindustrie fordert eine Qualifizierung für jedes einzelne Produkt, das umgestellt wird.
Zusammenfassend betont Markus Bommer für die VDA Projektgruppe, dass die Entwicklungsprozesse und die Freigaben, Umstellungszeiten und Ersatzteilversorgung im Automobilbereich eine langfristige Autorisierung von Chromtrioxid zwingend machen, „sonst stehen die Bänder still“.
„Somit haben Sie als Zulieferer der Automobilindustrie hier bereits sehr gute Gründe genannt, warum Sie eine Autorisierung benötigen“, erklärte Dr. Markus Berges von der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) aus Helsinki. Er gab den Anwesenden einen Einblick in die Abläufe und den Prozess der Autorisierung. Das noch junge Verfahren wird von seiner Behörde immer wieder überarbeitet. „Eins kann man aber jetzt schon sagen: REACh ist ein Erfolg“ ist Dr. Berges überzeugt, denn die Unternehmen hätten ihre Anstrengungen bei Erforschung und der Entwicklung von Alternativen deutlich erhöht.
Er gab praktische Hilfen für den Autorisierungsantrag und betonte, dass es wichtig sei, eine überzeugende Geschichte zu erzählen und der ECHA das Geschäftsmodell und die Besonderheiten des Marktes zu verdeutlichen. Kosten sollten so klar wie möglich beziffert werden und eine intensive Kommunikation entlang der Lieferkette und mit der ECHA sei wichtig. Von den ersten bereits bearbeiteten Autorisierungsanträgen für andere Stoffe, könne man viel lernen. Auch Dr. Berges betonte, dass die Autorisierung zwar erst einmal für einen bestimmten Zeitraum gegeben würde, aber im Review-Verfahren erneute langfristige Autorisierungen möglich sind, wenn die Bedingungen und Gründe weiter bestehen. Die Besonderheiten der Premium-Automobilhersteller würde das Verfahren berücksichtigen. „Wir werden unter REACh den Kunden und Anwendern nicht vorschreiben, was sie am Markt anbieten und nachfragen. Es ist nicht unsere Entscheidung zu bewerten, was der Kunde braucht“, so Dr. Berges. Auch würden die Forderungen an den Arbeits- und Umweltschutz an die bestehenden Umweltschutzauflagen anknüpfen und hier keine zusätzlichen Hürden aufgebaut.
Dass der FGK in Zusammenarbeit mit den Fachfirmen sehr aktiv an der Entwicklung und Testung von Alternativen zu den herkömmlichen Chromoberflächen arbeitet, zeigte Dr. Harald Prestel, FGK Projektleiter „Labor- und Felderprobung von Chromoberflächen“ anhand der Vergleichsuntersuchung verschiedener Chrom-III- und Chrom-IV-Verfahren in Labor- und Feldtests. Nach der ersten Studie 2012 wurden 2013/14 die Tests erheblich ausgeweitet. 12 Varianten von sieben Verfahrenslieferanten wurden mit dem Schwerpunkt Farbe und Korrosionsbeständigkeit getestet. Vier Chlorid- und acht Sulfat-basierte Chrom-III-Verfahren wurden mit mikroporigen und mikrorissigen Chrom-VI-Verfahren verglichen. Insgesamt wurden 3000 FGK-Versuchsplatten untersucht, davon waren 600 im Feld an 72 PKW und 10 LKW auf den Straßen unterwegs.
„Diese sehr breit angelegten Feldstudie hat somit eine gute Aussagekraft“, gibt Dr. Prestel der Untersuchung eine hohe Signifikanz. Zusammenfassend lässt sich im Feld festhalten, dass es – sicher auch durch den milden Winter - nur zu wenigen korrosionsbedingten Ausfällen kam. Anders war es bei der Optik. Der Verschmutzungsgrad bei den Chrom-III-Varianten war auffallend höher als bei den hexavalent verchromten Platten. Dr. Prestel stellt zudem fest: „Wie bereits im Vorjahr haben wir bei allen Chrom-III-Varianten ein deutliches Nachdunkeln festgestellt.
Chrom-VI-basierte Verfahren garantieren dagegen immer einen identischen Chromfarbton. Die Chrom-III-Verfahren weichen hier von dem gewünschten „typischen“ Chrom-Ton deutlich ab. Dass die Abweichung im Feld durch Verschmutzung und Nachdunkeln teilweise massiv zunimmt, konnten die Teilnehmer an einer Vielzahl präsentierter Musterplatten begutachten.
Für den kommenden Winter starten jetzt die 3. Testreihen. Dabei werden ausschließlich Sulfat-basierte Chrom-III-Verfahren mit einer Mindesthelligkeit (L-Wert über 80) zugelassen., So kann den Anforderungen der Automobilindustrie Rechnung getragen werden, dass die Alternativen vom Farbton her möglichst dem derzeitigen Chromtönen entsprechen soll.
Christian Klaiss (Firma Fischer) stellte die Besonderheiten des Verchromungsprozesses für die Anwendung im Automotive Sektor heraus. Aus Sicht der Anwender gibt es zwar Verchromungsprozesse auf Chrom-III-Basis in anderen Industriesegmenten, aber keine Tests und Praxiserprobungen für die Automotive Branche der FGK Mitglieder. So weiß man nichts über die Korrosions- und Verschleißbeständigkeit im stark belasteten Interieur (Beispiel Schaltknopf) oder auch bei Mattchrombauteilen. Darüber sind die Verfahren von den Automobilherstellern nicht freigegeben. Bei den Konditionierungen (Beizen) gibt es noch keine Erfahrungen im Automotive Bereich in ganz Europa, wenig Prozess Know-How und keine Erfahrung mit Mehrkomponentenbauteilen. Hier steht die Entwicklung noch ganz am Anfang und ein Versagen neuer Technologien kann zu Ablösungen der Metallschichten bei der Nutzung führen. Dies wäre dann der „Super-GAU!“
Zu allen Referenten gab es zahlreiche Fragen. Die engagierte Diskussion bestätigte das große Interesse an den angesprochenen Themen. Jörg Püttbach betonte zum Schluss noch mal die Wichtigkeit des Dialoges der Beschichter mit der ECHA auf der einen und den Kunden auf der anderen Seite. Dieser Dialog soll auch 2015 weiter geführt werden.