Die Mitglieder des ZVO-Fachbereichs Chemie und Anlagen, dem Zusammenschluss von Roh- und Verfahrenschemielieferanten und Anlagen- und Komponentenherstellern, ist mit der bisherigen wirtschaftlichen Entwicklung in 2023 dennoch zufrieden. Die Entwicklung in den einzelnen Unternehmen weist zwar eine eine große Bandbreite auf, die schwache Konjunktur hätte sich im laufenden Geschäftsjahr aber weitaus schlimmer auswirken können. Die weitere Erwartung bis zum Jahresende ist allerdings mehr als verhalten. Für das Jahr 2024 gibt es keine großen Erwartungen hinsichtlich Geschäftsentwicklung, auch aufgrund fehlender Planungssicherheit.
Die aktuellen Unsicherheiten, die Sorge über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sowie die vielen weltwirtschaftlichen Turbulenzen waren Hauptgesprächsthema der Herbsttagung des FB Chemie und Anlagen im September in Berlin. Weiterhin prägte die Situation in Europa die Diskussion. Verbunden mit dem Gefühl, dass die Politik sich von den realen Themen durch weiteren Bürokratieaufbau – hier wurde unter anderem das Lieferkettengesetz genannt – immer weiter entfernt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass auf das eigene Unternehmen durchaus optimistisch geschaut wird und die eigene Flexibilität und die Chancen, die sich aus Veränderungen ergeben, positiv gesehen werden. Ganz explizit wurde hier der Wandel in der Automobilindustrie diskutiert, woraus sich vielfach neue Anwendungsfelder ergeben.
Völlig azyklisch zeigte sich bis zum 1. Quartal 2023 die Geschäftsentwicklung der Fachbereichs industriellen Beschichter, deren Mitglieder überwiegend kathodischen Korrosionsschutz anbieten. Entsprechend zufrieden zeigte sich der ZVO-Fachbereich hier bis zum 2. Halbjahr 2023 über die wirtschaftliche Situation. Doch seit dem Spätsommer 2023 gehen auch hier die Umsätze spürbar zurück, mitunter zweistellig. Die Sorge, das bisher ordentliche Geschäftsjahr 2023 aufgrund eines schlechten vierten Quartals noch mit einem Umsatzrückgang zu beenden, ist allerorten spürbar. Aufgrund der allgegenwärtigen geopolitischen Probleme erwarten die industriellen Beschichter auch für 2024 einen Rückgang ihrer Geschäfte. Die Eintrübung ist auch beim Personal ablesbar. Entlassungen in größerem Umfang sind bereits feststellbar, der bis September leergefegte Markt für Zeitarbeiter hält seither wieder ausreichend Angebote bereit.
Auch die Geschäftslage im Markt kunststoffmetallisierter Bauteile (Plating on plastics/POP) bleibt angespannt. Kunststoffmetallisierte (verchromte) Bauteile werden im starken Maße im Bereich der Automobilindustrie eingesetzt und sind daher stark von der Automobilkonjunktur abhängig. Diese ist seit 2020 sehr starken Verwerfungen ausgesetzt. Die produzierte Oberfläche in den Galvaniken der FGK-Mitgliedsunternehmen ist seit 2019 um mehr als 20 Prozent gesunken. Der Rückgang ist für die Branche insgesamt noch größer, da seit 2020 fünf große Unternehmen freiwillig oder durch Insolvenz aus dem Markt ausgeschieden sind.
Die wirtschaftliche Situation im Markt kunststoffmetallisierter Bauteile wird sich mittelfristig nicht verbessern. Dem gegenwärtigen Designtrend folgend, werden an und in aktuellen als auch künftigen Fahrzeugmodelle deutlich weniger verchromte Bauteile verbaut, in Elektro-Fahrzeugen sind solche Bauteile mitunter gar nicht mehr vorgesehen. Daher wird sich der Bedarf an Chromoberflächen auf Kunststoffbauteilen zumindest im europäischen Markt in den nächsten Jahren noch weiter abschwächen. Diesem Trend müssen die Mitgliedsunternehmen Rechnung tragen: Die Produktionskapazitäten werden sich weiter reduzieren, was zwangsläufig auch in Personalabbau münden wird.
Eine Umkehr dieser negativen Entwicklung wird frühestens 2028 eintreten: Die langfristigen Automobilstudien prognostizieren ab 2028 auch in Europa steigende Produktions- und Absatzzahlen, während Designstudien zum gleichen Zeitpunkt ein Comeback kunststoffmetallisierter Bauteile versprechen.