Die Stiftung Warentest hat in ihrer aktuellen Ausgabe der Finanztest die Ergebnisse eines detaillierten Vergleichs von Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherungen für das Jahr 2025 veröffentlicht. Dabei wurden insgesamt 124 Tarife untersucht, eine deutliche Steigerung gegenüber den 112 Policen im Vorjahr. Der Vergleich umfasste sowohl Einzel- als auch Jahrestarife für Singles und Familien, wobei der Schwerpunkt auf Tarifen ohne Selbstbeteiligung lag. Die Verbraucherschützer argumentieren, dass eine Selbstbeteiligung, die häufig 20 Prozent der Stornokosten beträgt, bei teuren Reisen eine erhebliche finanzielle Belastung darstellt und daher nicht empfehlenswert ist.
Die Bewertung der Tarife erfolgte anhand dreier Hauptkategorien: Der Reiserücktrittsschutz, der mit 65 Prozent den größten Anteil an der Gesamtnote ausmacht, wurde insbesondere auf die Abdeckung von zentralen Risiken wie Krankheit, Unfall, Tod, Schwangerschaft, Impfunverträglichkeiten und beruflichen Veränderungen geprüft. Auch außergewöhnliche Szenarien wie der Verlust des Arbeitsplatzes, Schäden am Eigentum oder die Verschlechterung chronischer Erkrankungen wurden berücksichtigt. Der Reiseabbruchsschutz, der mit 25 Prozent in die Gesamtbewertung einfloss, wurde daraufhin analysiert, ob Kosten für die Rückreise, nicht genutzte Reiseleistungen sowie Unterkunft und Verpflegung übernommen werden. Zusätzlich wurde bewertet, ob bei einem Reiseabbruch in der ersten Hälfte der Reise der volle Reisepreis oder nur entgangene Leistungen erstattet werden.
Ein weiterer Bewertungsaspekt war die Verständlichkeit der Vertragsbedingungen, die mit zehn Prozent gewichtet wurde. Hierbei wurden Kriterien wie Übersichtlichkeit, Widerspruchsfreiheit und Vollständigkeit der Kundenunterlagen geprüft.
Im Ergebnis konnten sich Europ Assistance und Travelsecure erneut an der Spitze des Vergleichs behaupten. Beide Anbieter wurden mit „sehr gut“ bewertet. Europ Assistance, ein Unternehmen des Generali-Konzerns, belegte in allen Kategorien den ersten Platz, dicht gefolgt von Travelsecure, einer Marke der Würzburger Versicherungs-AG. Beide Unternehmen überzeugten mit umfassendem Schutz und klar strukturierten Vertragsbedingungen.
Den dritten Platz sicherte sich die Hansemerkur mit durchweg „guten“ Bewertungen. Die Besonderheit ihrer Tarife liegt darin, dass ein Ausschluss der Selbstbeteiligung nur durch einen zusätzlichen Vertragsbaustein möglich ist. Dies spiegelt sich auch in der Benennung ihrer Policen wider, die als „Reiserücktrittsversicherung + Urlaubsgarantie + Selbstbehaltsübernahme“ geführt werden.
Ein bemerkenswerter Aspekt des Tests ist, dass keine der untersuchten Policen schlechter als mit „befriedigend“ bewertet wurde. Dies deutet auf ein insgesamt hohes Niveau der angebotenen Leistungen hin. Allerdings wurden die genauen Gewichtungen der Leistungspunkte innerhalb der Hauptkategorien nicht offengelegt, was bereits in der Vergangenheit zu Kritik geführt hat.
Ein weiterer Punkt betrifft die Preisgestaltung. Während die Kosten der Policen nicht in die Bewertung eingeflossen sind, gibt die Stiftung Warentest Preisbeispiele zur Orientierung an. Für eine Familie, die eine Reise im Wert von 3.000 Euro absichern möchte, beginnen die Prämien für hochwertige Policen bei etwa 155 Euro. Diese Angaben sind jedoch rein informativ und fließen nicht in die Qualitätsbewertung ein.
Der vollständige Bericht ist in der aktuellen Ausgabe der Finanztest abgedruckt und kann auch online abgerufen werden. Einzelergebnisse sind gegen eine Gebühr von 4,90 Euro freizuschalten, während der Download der gesamten Ausgabe 6,99 Euro kostet.
Kommentar:
Der Vergleich der Reiserücktritts- und Reiseabbruchversicherungen durch die Stiftung Warentest ist eine wichtige Orientierungshilfe für Verbraucher. Die klare Fokussierung auf Policen ohne Selbstbeteiligung zeigt, dass der finanzielle Schutz im Ernstfall an erster Stelle stehen sollte. Gerade bei hochpreisigen Reisen können Selbstbeteiligungen von 20 Prozent schnell zu erheblichen Belastungen führen.
Die Spitzenplatzierungen von Europ Assistance und Travelsecure unterstreichen, wie wichtig eine umfassende Absicherung und verbraucherfreundliche Bedingungen sind. Beide Anbieter überzeugen durch klare Regelungen und eine breite Abdeckung relevanter Risiken. Es wird deutlich, dass hier die Qualität der Leistungen im Vordergrund steht, was in einem Markt mit zunehmender Komplexität für Verbraucher besonders wichtig ist.
Die fehlende Einbeziehung der Preisgestaltung in die Bewertung bleibt jedoch eine Schwachstelle. Zwar ist die Qualität der Leistungen von zentraler Bedeutung, doch die Kosten sind ein wesentlicher Faktor für die Entscheidung der Verbraucher. Eine parallele Darstellung von Preis-Leistungs-Verhältnissen könnte die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse deutlich verbessern.
Ebenfalls kritikwürdig ist die mangelnde Offenlegung der genauen Bewertungsmaßstäbe innerhalb der Kategorien. Gerade in einem Test, der als Entscheidungshilfe für Verbraucher dient, sollte nachvollziehbar sein, wie die Ergebnisse zustande kommen. Diese Transparenz könnte nicht nur das Vertrauen stärken, sondern auch die Vergleichbarkeit für die Nutzer erleichtern.
Dennoch bleibt der Bericht ein wertvolles Werkzeug, um sich im oft unübersichtlichen Markt der Reiseversicherungen zurechtzufinden. Die detaillierte Analyse und die Hervorhebung zentraler Kriterien ermöglichen es den Verbrauchern, eine fundierte Wahl zu treffen. Gleichzeitig bietet der Bericht Anhaltspunkte für Versicherungsanbieter, um ihre Produkte noch stärker an den Bedürfnissen der Kunden auszurichten. In Zeiten zunehmender Unsicherheiten bei Reiseplanungen ist ein solider Versicherungsschutz wichtiger denn je, und der Test liefert hierfür eine wichtige Grundlage.
Von Engin Günder, Fachjournalist