Prof. Dr.-Ing. Sven Urschel präsentiert mit seinem Team, wie gezüchtetes Gewebe Tierversuche ersetzt: Tierversuche sind oft unverzichtbar, wenn es um medizinische Forschung geht. Gelänge es funktionsfähige Organe im Labor zu züchten, könnte man Tests an Lebewesen deutlich reduzieren oder sogar vermeiden. Diesen Ansatz verfolgt das Projekt „Tissue Engineering mit dreidimensionaler elektrischer und magnetischer Stimulation“ der Hochschule Kaiserslautern. Dafür erhalten die Forscher Fördergelder von der Carl-Zeiss-Stiftung. Insgesamt neun Arbeitsgruppen sind an dem stark interdisziplinären Projekt beteiligt.
Zur künstlichen Herstellung biologischer Gewebe füllen die Forschenden ein Hydrogel, ein Gelatine-ähnliches Produkt, mit lebenden Zellen in einen Container von wenigen Millimetern Größe. Die eingesetzten Nerven- und Muskelzellen sollen histologisch korrekt orientiert und zu einer funktionsfähigen Gewebeeinheit zusammenwachsen. Elektrische und magnetische Felder steuern das Wachstum und die Ausrichtung der Zellen. Am Ende soll ein funktionsfähiges Stück Darm entstehen.
Dafür entwickelte die Kaiserslauterer Arbeitsgruppe „Elektrotechnische Systeme der Mechatronik“ einen Soft-Aktor (unser Exponat). Dieser richtet Zellen durch gezielte magnetomechanische Stimulation aus. Der Soft-Aktor besteht aus einer Steuerplatine, einem elektromagnetischen Kreis und einem mittig eingesetzten, an den Rändern mit magnetischem Pulver versehenen, Kollagenhydrogel. In der Mitte des Gels werden die Zellen, die orientiert zusammenwachsen sollen, eingebracht. In ersten Versuchsreihen konnten vielversprechende Ergebnisse erzielt werden. So ließ sich eine signifikante Ausrichtung von Muskelzellen gegenüber einer Kontrollgruppe ohne Stimulation nachweisen. Die Versuche werden nun unter Variation von Stimulation und Zellart fortgesetzt.
Wie sich im Projektverlauf zeigte, kann der neu entwickelte Soft-Aktor auch zur Lösung anderer Aufgabenstellungen genutzt werden. So erlaubt er in der Analytik in Kombination mit in der Arbeitsgruppe entwickelten Bildverarbeitungsalgorithmen die non-invasive Bestimmung spezifischer Kenngrößen, wie etwa dem Elastizitätsmodul von Kollagenhydrogelen. „Wir werden das Prinzip des Aktors aber noch weiter nutzen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sven Urschel, „und bauen als nächstes eine peristaltische mikrofluidische Pumpe.“
Das Forschungsteam des internationalen EU-Projekts BIOMAT präsentiert nachhaltige Schaumstoffe: Acht Nationen forschen im Projekt „BIOMAT“ gemeinsam an der Entwicklung nachhaltiger Schaum- und Verbundwerkstoffe mit einem hohen Anteil nachwachsender Rohstoffe. Die Hochschule Kaiserslautern bringt hier die Expertise von drei Forschenden am Campus Pirmasens ein. Neben Deutschland sind in diesem Projekt Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Lettland, Portugal und Spanien beteiligt.
Die Menge der bei der Herstellung von Schaumstoffen erzeugten Treibhausgase um 30 – 50 Prozent zu senken und mehr als die Hälfte des verwendeten Materials durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen, ist Ziel des Projekts. Dass dabei Nanofüllstoffe auf der Basis von Abfallstoffen aus der Agrarindustrie, wie z.B. Reisspelzen, die ansonsten keine weitere Verwendung hätten, genutzt werden, verbessert die Nachhaltigkeitsbilanz zusätzlich. Als weiterer Nachhaltigkeitsaspekt sollen gleichzeitig Materialeigenschaften wie die Haltbarkeit verbessert werden.
Prof. Dr. Luisa Medina forscht im Bereich der Faserverbundwerkstoffe an der Hybridisierung von pflanzlichen Naturfasern wie Flachs, Hanf und Kenaf mit anorganischen Hochleistungs-Naturfasern aus Basalt. Mit diesen mineralischen Naturfasern ist es möglich, einen Verbund mit einem hohen Eigenschaftsprofil herzustellen.
Prof. Dr. Gregor Grun beschäftigt sich in seinem Forschungsgebiet mit der Frage, wie polymere Werkstoffe nachhaltiger gestaltet werden können. Eine wichtige, allgegenwertige Werkstoffklasse ist die der Polyurethane, die z.B. in verschleißfesten Oberflächen im Automobil, in Hochleistungs-Klebstoffen oder auch in Schaumstoffen für Matratzen eingesetzt werden. Ziel der Untersuchung ist, möglichst hohe Anteile nachwachsender Rohstoffe einzusetzen und gleichzeitig die Materialeigenschaften durch Nanofüllstoffe zu verbessern.
Prof. PhD Sergiy Grishchuk leitet das Projekt auf Seite der Hochschule und freut sich nicht nur über die rund 1,3 Mio. € Projektmittel, die eingeworben werden konnten, sondern auch über den gesamten Mehrwert für die Hochschule: „Die Möglichkeit des interdisziplinären Austauschs in einem solchen internationalen Forschungsteam steigert das Innovations- und Forschungspotential an der Hochschule, wovon auch die Qualität in der Lehre profitiert.“
Im Projekt sind insgesamt 12 Service-Stellen bei unterschiedlichen Projektpartnern etabliert, um einen sichtbaren Beitrag zur Umsetzung der europäischen Nachhaltigkeitsstrategie zu leisten. Am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern wird eine Service-Stelle für die Entwicklung von neuen biobasierten Weichschaumstoffen aufgebaut. Dafür wird eine spezielle Verarbeitungsanlage installiert. Sie ermöglicht eine sparsame und effektive Entwicklung von neuen Schaumstoff-Formulierungen sowie die Testung von neuen Biopolyolen und Additiven. Außerdem werden die Dosierlinien so ausgelegt, dass nicht nur die Entwicklung von weichen Schäumen, sondern auch von Hartschäumen und nicht aufgeschäumten Polyurethan-Formulierungen ermöglicht wird. So kann ein breiteres Servicespektrum für mehrere Industriebranchen angeboten werden. Ein weiterer Vorteil der Anlage ist, dass die Verarbeitungsparameter nahezu identisch sind mit denen, die an industriellen Herstellungsanlagen realisierbar sind, was einen einfachen Technologietransfer und ein unkompliziertes Hochskalieren auf das Industrie-Niveau ermöglicht.
Zwei weitere europäische Verbundvorhaben werden am Exponat der HS Kaiserslautern ebenfalls Ergebnisse präsentieren: Das Projekt „Waste2BioComp“ beschäftigt sich mit biobasierten Polyester, die biotechnologisch mithilfe von Bakterien hergestellt werden. Als Nährstoffe werden Zucker, Säuren, Alkohole, Öle aber auch Abfallöle eingesetzt. Im Projekt werden flexible Niederkristalline und vernetzte biobasierte Polyhydroxyalkanoate (PHA) aus organischen Abfällen biotechnologisch, aber auch chemisch synthetisiert bzw. modifiziert. Diese können für die Herstellung von verschiedenen Produkten wie Verpackungsmaterialien, Schuhsohlen und Fasern für z.B. biobasierte Gesichtsmasken eingesetzt werden.
Die Forschenden des Projekts „r-lightBioCom“ schlagen einen Paradigmenwechsel in der Herstellungsart und dem Recycling von High Performance Composites (HPC) vor. Das Projekt ermöglicht neue zirkuläre Wertschöpfungsketten, die zu den umweltbezogenen EU-Zielen beitragen. Dies bewirkt, dass die Erzeugung von HPC-Abfall sowie die Verwendung nicht nachhaltiger fossiler Ressourcen reduziert werden kann.
Zu diesem Zweck wird zunächst ein nachhaltiger Katalog mit neuen fortschrittlichen biobasierten und recycelten HPC-Materialien mit inhärenten Recyclingeigenschaften erstellt. Um die Abfallerzeugung zu verringern und die Kreislaufwirtschaft zu fördern, werden zudem effiziente Verarbeitungstechniken in Kombination mit Recyclingtechnologien entwickelt. Dadurch können derzeitige Herstellungskosten, ein hoher Energieverbrauch und Emissionen gesenkt werden. Alle Projektergebnisse werden in drei Anwendungsfällen in der Automobil-, Infrastruktur- und Luftfahrtindustrie validiert.
Alle Ausstellenden der Hochschule Kaiserslautern sind in Halle 2, Stand C46 zu finden.