„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die hier angedachten Vorgaben und Ziele die Vorstellungen des aktuellen Koalitionsvertrages konkretisieren, in Teilen sogar darüber hinausgehen. Wir bedanken uns daher ausdrücklich für diese mutigen und wichtigen Schritte“, sagt Torsten Szielasko, Inhaber und Geschäftsführer von GAIA. Dennoch sieht er vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels und des aktuellen Ukrainekrieges Handlungsbedarf, um weitere Potenziale für Windkraft- und Photovoltaikprojekte und die Nutzung von Wasserkraft auszuschöpfen.
Gerade bereits durch Lärm belastete Flächen wie Autobahnen könnten aus Sicht von Szielasko für die Windenergie genutzt werden. So schlägt er vor, parallel zu Autobahnen, innerhalb einer Korridorbreite von beispielsweise 200 Metern und einem Abstand zum nächsten Siedlungsrand von 900 Metern, Windenergieanlagen generell zuzulassen. Einen weiteren Vorteil dieser Flächennutzung durch Windkraftanlagen sieht er darin, dass der so erzeugte Strom für Ladeparks für die Elektromobilität an den Autobahnen direkt zur Verfügung gestellt werden könnte.
Auch die Mehrfachnutzung von Flächen schlägt der GAIA – Geschäftsführer vor. „Über zum Beispiel eine Bundesratsinitiative sollte die Mehrfachnutzung von Flächen für erneuerbare Energien bauplanungsrechtlich zulässig gemacht werden“, sagt Torsten Szielasko. So sollte es möglich sein, dort wo Windenergieanlagen bereits stehen, auch Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu bauen. Bisher hängt diese Möglichkeit von der Zustimmung der jeweiligen Ortsgemeinde ab.
Darüber hinaus sollte sich die Landesregierung aus Sicht des Experten für die Privilegierung von Agri-PV-Anlagen starkmachen. Somit könnten die landwirtschaftlichen Flächen weiter bewirtschaftet werden. Außerdem würden die Anlagen die Felder u. a vor zu hoher Sonnenstrahlung schützen. Ein weiterer Hebel wäre laut Szielasko, die Genehmigung für den Bau und Betrieb von Multi-Megawatt-Stromspeichern bei Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu vereinfachen.
Auch der Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft am Rhein könnte laut Szielasko dazu beitragen, die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren. „Über eine entsprechende Strategie könnten „Cluster“ identifiziert werden, in denen Orte mit Industrie- und Gewerbeflächen bestehen, die Zugang beziehungsweise Häfen zum Rhein haben und umliegende Höhen, auf denen Windenergieanlagen zur Stromerzeugung errichtet werden könnten“, sagt Torsten Szielasko.
Zusätzlich schlägt Szielasko vor, den Ausbau der Wasserkraftnutzung zu überprüfen. Zum Beispiel durch Repowering und Verstärkung von Turbinen bei bestehender Wasserkraftnutzung. „Außerdem könnte an allen größeren Flüssen überprüft werden, wo sich weitere Staustufen einziehen ließen, die zur Wasserkraftnutzung geeignet wären. Ferner könnten Bereiche identifiziert und festgeschrieben werden, wo in den Flüssen schwimmende Wasserkraftwerke eingesetzt werden könnten“, sagt der GAIA-Geschäftsführer.
Die Ausbauziele der Windenergie ist ohne eine klare Repowering-Strategie der alten Windenergieanlagen, die nach und nach aus der Förderung fallen, nicht zu erreichen. In Rheinland-Pfalz ist das Repowering von Windenergieanlagen im aktuellen Entwurf des LEP, Stand 12.04.2022, unter dem raumordnerischen Ziel Z163 i geregelt. Szielasko fordert hier folgende Ergänzung, die die Rechtsanwaltskanzlei Prometheus aus Leipzig in Auftrag von GAIA ausgearbeitet hat: „§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB findet auf Vorhaben, die die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen, keine Anwendung.“ Damit wären Repowering-Vorhaben im Windenergiebereich in Zukunft uneingeschränkt zulässig.
Torsten Szielasko nimmt ebenfalls auf einige Aussagen im Entwurf Stellung. So sollte in Rheinland-Pfalz vereinheitlicht werden, dass der Rotor einer Windenergieanlage grundsätzlich auch über die im Flächennutzungsplan festgelegten Flächen hinausragen dürfen, wenn sich der Turm der Anlage innerhalb einer ausgewiesenen Fläche befindet und die Abstandsvorgaben von mindestens 900 Metern ab Mastmitte zum Ortsrand eingehalten werden.
Ein weiterer Punkt betrifft das Thema Ausnahmeregelungen für Windenergieanlagen in den Naturpark-Kernzonen. Torsten Szielasko hält es für wichtig, dass im Falle einer Ausnahmemöglichkeit die zuständigen Behörden von der Ausnahme auch Gebrauch machen. „Es nutzt sonst keinem, wenn es die Ausnahmenmöglichkeit zwar faktisch gibt, aber nicht von der zuständigen Behörde vollzogen wird“, so Szielasko.