Mit Spannung blickt die WLAN-Branche auf die Weltfunkkonferenz kommende Woche in Dubai. Dort wird es unter anderem um neue Frequenzen für WLAN gehen. Die Frage nach der exklusiven Nutzung des oberen 6-Gigahertz-Band für WLAN beschäftigt die Teilnehmer aus Europa dabei besonders: Werden in Dubai die Weichen für die lizenzfreie Nutzung durch WLAN gestellt? Michael Müller, Vice President Wireless LAN und Switches von LANCOM Systems, spricht sich deutlich für die Öffnung des kompletten 6-GHz-Bands exklusiv für WLAN in der EU aus. Die Forderung wird von einem breiten Bündnis aus Netzbetreibern, Hardwareherstellern und Verbänden getragen.
Michael Müller: „In Dubai geht es in den nächsten Wochen um sehr viel. 2021 ebnete die EU den Weg für die lizenzfreie Nutzung des unteren 6 GHz-Bands durch WLAN. Eine bewusste und absolut richtige Entscheidung. Das bis dato in Europa nutzbare Spektrum hat sich dadurch verdoppelt: Die zusätzlichen 500 MHz waren ein Meilenstein für ultraschnelles WLAN als Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur drahtlosen Gigabitgesellschaft. Der neue Technologiestandard Wi-Fi 6E ermöglicht ganz neue Einsatzszenarien, etwa bei Echtzeitanwendungen wie Augmented und Virtual Reality, bei denen die rechenintensive Berechnung der Bilder von der Brille auf leistungsfähige Server ausgelagert werden können. Im Unternehmensbereich, zum Beispiel in der Produktion, ist die Nutzung des 6-GHz-Frequenzbereichs Innovationstreiber für viele neuartige neue Anwendungen etwa im Bereich der Robotik.
So großartig diese Errungenschaft ist, so wenig können wir uns damit zufriedengeben. Der Konnektivitätsbedarf steigt kontinuierlich und kann in Zukunft nur gedeckt werden, wenn auch weitere Frequenzbereiche für WLAN freigegeben werden. Um das volle Potenzial von WLAN freizusetzen und mit der technologischen Entwicklung global Schritt zu halten, muss die EU handeln.
Die exklusive Zuweisung des gesamten 6-Gigahertz-Bands für die lizenzfreie WLAN-Nutzung ist entscheidend für den kostengünstigen Zugang zu stetig zunehmenden digitalen Diensten, sei es im privaten Bereich, in Unternehmen oder im öffentlichen Sektor bis hin zu Bildungs- und Gesundheitsdiensten. Alle benötigen Gigabit-Geschwindigkeiten. Da im WLAN immer nur ein Nutzer pro Zeiteinheit Daten störungsfrei übertragen kann, ist für eine schnelle Datenübertragung zwingend mehr Bandbreite nötig, insbesondere in Umgebungen mit hoher Nutzerdichte wie Schulen, Hörsäle oder Fußballstadien
Führende Wirtschaftsnationen wie die USA, Kanada oder Südkorea sind uns in der Hinsicht bereits einen Riesenschritt voraus, indem sie das komplette Band im Umfang von 1.200 MHz für WLAN (5925–7125 MHz) geöffnet haben. Jetzt ist es an Europa, nachzuziehen und für eine spektrumspolitische Harmonisierung zu sorgen. Die Verhandlungen in Dubai werden deshalb von großer Bedeutung für die netzpolitische Richtung und damit indirekt auch für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Europas im globalen Wettbewerb sein.
Hintergrund:
Die Internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) unter dem Dach der Vereinten Nationen, verantwortet die globale Regulierung der Frequenzen. Auf der Weltfunkkonferenz werden im November und Dezember die Weichen für weltweite Nutzung der Frequenzen gestellt. Die WCR 2023 findet vom 20. November bis 15. Dezember in Dubai statt.