Ein kurzer Blick auf die Trends der letzten Jahre zeigt, dass die großen unterstützenden Abteilungen innerhalb der Unternehmen auf mehr Professionalität hinsichtlich ihres Servicemanagements hinarbeiten. Dabei konzentrieren sie sich darauf, bessere Qualität zu niedrigeren Preisen zu liefern. Im IT-Bereich werden neue Technologien und Managementmodelle integriert, um Dienstleistungen einfacher verwalten und schneller ändern zu können. Immer mehr Plattformen sind cloud-basiert, ITIL ist immer noch von Bedeutung und die Nachfrage nach (ISO-)Zertifizierungen steigt. Im Bereich des Facility-Managements werden Dienstleistungen seit geraumer Zeit durch den Einsatz von Facility-Management-Informationssystemen professionalisiert. Dadurch können Endnutzer Besprechungszimmer ganz einfach reservieren und über ein Portal Mittagessen bestellen. In den vergangenen Jahren hat sich HR zu eHR entwickelt: Damit ist die Unterstützung von HR-Dienstleistungen durch die Verwendung von Servicemanagement-Software gemeint. Dabei werden ein Rahmenwerk und Best Practices verwendet, die speziell für den HR-Bereich entwickelt wurden.
Es ist bemerkenswert, dass diese individuellen Abteilungen überwiegend aus eigener Initiative handeln und dabei jede eine eigene Herangehensweise wählt. Die HR-, Facility- und IT-Manager spielen dabei eine große Rolle. Schließlich sind sie diejenigen, die die Strategie für ihre Abteilungen festlegen – diese Strategie konzentriert sich derzeit noch zu sehr auf die eigenen Dienstleistungen. Die Erwartungen des Nutzers wachsen jedoch stetig. Früher hatten die Menschen Verständnis dafür, dass die Installation eines Softwarepakets eine Weile dauerte, und dass es kompliziert war, eine Website einzurichten oder eine Änderung in einem Personalverwaltungssystem durchzuführen. Heute sind Endnutzer immer weniger geduldig und auch immer weniger verständnisvoll. Der Grund dafür ist der Google-Effekt.
Google-Effekt vs. Abschottung
Der Google-Effekt bezeichnet die menschliche Neigung, Informationen zu vergessen, die über Online-Suchmaschinen wie Google einfach zu finden sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der Universitäten von Columbia, Wisconsin und Harvard aus dem Jahr 2011.
• Der Google-Effekt wird auch im Bereich des Servicemanagements sichtbar. Für uns ist es selbstverständlich geworden, schnell, zentral und kostenfrei Antworten auf unsere Fragen zu erhalten. Dies erwarten Arbeitnehmer zunehmend auch bei ihrer Arbeit. Häufig hört man: „Warum muss ich entscheiden, ob meine Frage HR-, Facility- oder IT-relevant ist? Ich möchte einen Servicedesk für all meine Fragen nutzen“, „Warum dauert das so lange? Wenn ich Google verwendet hätte, wäre ich jetzt fertig!“. Diese Kommentare können auf den Google-Effekt zurückgeführt werden.
• Es wird für Unternehmen mit unterstützenden Abteilungen schwierig, mit solchen Entwicklungen umzugehen, wenn sie nur intern gerichtete Strategien verwenden. Die Ursache dafür, dass Abteilungen so sehr auf sich selbst fokussiert sind, liegt darin, dass sie von Anfang abgeschottet werden. Die Mitarbeiter haben sich daran gewöhnt, Herausforderungen innerhalb ihrer eigenen Abteilung zu bewältigen. Jeder Bereich hat seine eigenen Systeme, Standards und Methoden (ITIL, ISO, NEN, etc), die Ausbildung wird strikt getrennt und Wissensplattformen und Zeitschriften konzentrieren sich alle auf ein bestimmtes Publikum (HR, Facility oder IT).
• Es ist offensichtlich, dass die hier beschriebene Situation nicht einfach verändert werden kann. Es ist die Aufgabe der HR-, Facility- und IT-Manager eine strategische Lösung zu finden: Zusammenarbeit, um Dienstleistungen an den Stellen zu verbessern, an denen sie sich tatsächlich überschneiden (siehe Abbildung 3). Die Lösung dafür ist Shared-Servicemanagement .
Shared-Servicemanagement
Shared-Servicemanagement (im Folgenden als SSM bezeichnet) ist ein neuer strategischer Trend. Unterstützende Abteilungen bündeln ihre Kräfte, um die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern und gleichzeitig Kosten zu senken. Es ist wichtig, die Stärken jeder Abteilung anzuerkennen und unterdessen die Bereiche ausfindig zu machen, in denen sich Dienstleistungen überschneiden und verbessert werden können. Das hat einen synergetischen Effekt: Individuelle Fachkompetenz wird gemeinsam besser genutzt.
In den Projekten, deren Entwicklung zu Shared-Servicemanagement beobachtet wurde, können wir drei Kategorien feststellen:
• Zusammenarbeit im Bereich der Tools
• Zusammenarbeit in der Organisation
• Zusammenarbeit im Prozessmanagement
Das SSM-Wachstumsmodell (siehe Abbildung 2) wurde entwickelt, um Unternehmen auf dem Weg zu SSM zu unterstützen. Dieses auf Erfahrungswerte basierende Wachstumsmodell enthält vier Wachstumsphasen (siehe Abbildung 4). Die Anordnung dieser Schritte schafft einen logischen, schrittweisen Prozess, in dem sich jede Phase auf einen der drei Bereiche „Tools“, „Organisation“ oder „Prozessmanagement“ konzentriert. Jede darauffolgende Phase fasst die Dienstleistungen der unterstützenden Abteilungen zusammen, erhöht die Reife der Abteilungen und führt schließlich zu höherer Qualität und niedrigeren Kosten.
Phase 0: keine gemeinsame Nutzung
Jede Abteilung verwendet ein eigenes Tool zur Unterstützung ihrer eigenen Prozesse. Dabei kann es sich sowohl um ein professionelles Servicemanagement-Tool als auch um Haftnotizzettel handeln. Die Prozesse sind nicht koordiniert und variieren stark hinsichtlich ihres Reifegrades. Die Mitarbeiter konzentrieren sich auf ihre eigene Abteilung. Die größte Herausforderung in dieser Phase besteht darin, bei Bedarf die Informationsströme mit anderen Abteilungen zu teilen, z. B. Änderungen bezüglich eines Mitarbeiters, die es erforderlich machen, dass verschiedene Abteilungen in Aktion treten. In dieser Phase verwendet jede Abteilung ein eigenes Servicemanagement-Tool.
Phase 1: gemeinsam genutztes Tool
Zur Verbesserung des Informationsstroms wird ein gemeinsam genutztes Servicemanagement-Tool verwendet. Das führt auch zu erheblichen Kosteneinsparungen für Lizenzen und Verwaltung. Die verschiedenen Abteilungen wenden immer noch ihre eigenen, auf ihrer jeweiligen Kultur basierenden Arbeitsmethoden an. Dennoch müssen Vereinbarungen bezüglich der Terminologie des Tools und den Einstellungen getroffen werden. Die ersten Zeichen der projektbasierten Zusammenarbeit werden sichtbar. Ein Tipp: Geben Sie in diesem Projekt Mitarbeitern des Informationsmanagements eine führende Rolle, um einerseits dafür zu sorgen, dass das Projekt nicht von der IT-Abteilung dominiert wird und andererseits zu vermeiden, dass große Diskussionen entstehen. Schließlich sind HR, Facility und IT auch Endnutzer des Servicemanagement-Tools. Für die Endnutzer hat sich nicht viel verändert: Sie müssen sich immer noch mit drei unterstützenden Abteilungen auseinandersetzen: HR-, Facility- und IT-Abteilung.
Phase 2: gemeinsamer Servicedesk
Der Endnutzer kann sich nun mit all seinen Fragen und Anfragen an einen einzigen digitalen und/oder physisch vorhandenen Servicedesk wenden. Abgesehen von der Registrierung und Weiterleitung von Meldungen bearbeitet jede Abteilung ihre Meldungen auf ihre eigene Art. Die Zusammenarbeit wird jedoch intensiviert, da Bearbeiter von verschiedenen Abteilungen in einem gemeinsamen Servicedesk zusammenarbeiten müssen. Das führt zu einer erheblichen Qualitätsverbesserung für den Endnutzer und zu einer Kosteneinsparung durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen für den Servicedesk. Ein Tipp: Machen Sie Werbung für den gemeinsamen Servicedesk, indem Sie einen Slogan und ein „Gesicht“ verwenden, um zu verhindern, dass weiterhin die alten Kommunikationswege verwendet werden.
In dieser Phase verbessert sich in erster Linie das Front-End: Der Nutzer sieht Verbesserungen, aber stellt immer noch verschiedene Niveaus der Dienstleistungsqualität fest. Das wird dadurch verursacht, dass die verschiedenen Abteilungen ihre eigenen Arbeitsprozesse beibehalten. Beispiele dafür sind inkonsistente Kommunikation über Status-Updates und große Unterschiede in der Bearbeitung ähnlicher Meldungen.
Phase 3: gemeinsame Prozesse
Die Prozesse und Abläufe, die es erforderlich machen, dass Abteilungen zusammenarbeiten, oder deren Aktivitäten sich in hohem Maße überschneiden, werden gemeinsam gestaltet. Meldungsmanagement und Personalveränderungen sind die nächstliegenden Beispiele, mit denen in der Regel angefangen wird. Dies geschieht schrittweise und wird sich nicht in allen Prozessen gleichermaßen vollziehen.
Nachdem der neue, gemeinsame Prozess eingeführt wurde, muss das Prozessmanagement ebenfalls zentral ausgerichtet werden. Ein Tipp: Ordnen Sie das Prozessmanagement dem Front-End zu, zusammen mit dem Servicedesk-Team.
„Der Google-Effekt wird im Bereich des Servicemanagements sichtbar“
In dieser Phase treffen Kollegen physisch aufeinander. Das Management der verschiedenen Abteilungen spielt hierbei eine wichtige Rolle. Es muss die Bedeutung dieser Phase verstehen und fördern und die Kompetenz der Prozessmanager erkennen.
Die richtige Ambition
Eine kürzlich von TOPdesk durchgeführte Studie mit 210 Teilnehmern zeigt, dass viele Unternehmen erste Schritte in Richtung Phase 1 und 2 gemacht haben, aber nur wenige sich an Phase 3 herangewagt haben.
• Die mögliche Ursache dafür ist, dass die Kosteneinsparungen geringer und weniger sichtbar werden, je weiter man sich im Wachstumsmodell bewegt.
• So lange IT-Manager sich nur auf das Einsparen von Geld konzentrieren, werden Unternehmen nicht weiter als Phase 2 kommen. Optimale Ergebnisse werden nur erzielt, wenn Manager auch die Bedeutung der Qualität von Dienstleistungen erkennen (unabhängig von der Phase). Es ist entscheidend, über die Kosten hinauszuschauen – auch die Qualität muss optimiert werden. Wenn Sie das erreichen möchten, muss die Ambition richtig sein, nämlich weiterhin den wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden, indem die Stärken der unterstützenden Abteilungen kombiniert werden. Und dabei viel Geld zu sparen – nicht umgekehrt.
Fazit
Auf dem Markt wird weiterhin mehr für weniger Geld verlangt. Die Dinge sollen schneller und einfacher erledigt werden. Dabei soll weniger, z. B. über Zuständigkeiten, nachgedacht werden müssen und die Servicequalität soll einheitlicher werden. Nicht jede unterstützende Abteilung kann diese Erwartungen im Alleingang erfüllen. Zur Verbesserung der Servicequalität muss der Manager die Strategie entsprechend anpassen und sich bewusst zur Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen entscheiden. Um Shared-Servicemanagement zu erreichen, müssen die Kräfte im Bereich des Tools, des Servicedesks und der Prozesse gebündelt werden, während die Fachkompetenz jeder Abteilung erhalten bleibt. Das Ziel ist es, gemeinsamen Service anzubieten und dabei Kosten erheblich zu reduzieren. Dadurch können Sie Kundenzufriedenheit zukünftig garantieren.
Text: Jordi Recasens (Teamleiter bei der TOPdesk-Beratung in Holland)